Boom bei Privatleuten : Geschäftsinhaber: „Mehr Mut zum Lastenrad“
Mirke Tobias Maria Freitag führt im Mirker Quartier seinen Laden „Supercargo“ – Gewerbetreibende zeigen noch wenig Interesse.
Das Lastenrad liegt voll im Trend. Genutzt wird es vor allem von Familien, während Gewerbetreibende noch eher zurückhaltend sind. Im Mirker Quartier betreibt Tobias Maria Freitag (60) seit 2019 sein Spezialgeschäft „Supercargo“. Dort bietet er verschiedene Typen von Lastenrädern an. Auch eine Werkstatt gehört zum Laden an der Wiesenstraße. Die WZ hat mit ihm gesprochen.
Wie sind Sie zum Lastenrad gekommen?
Tobias Maria Freitag: Von Haus aus bin ich eigentlich IT-Entwickler und -Berater. Aber ich beschäftige mich hier in Wuppertal schon lange mit alternativen Mobilitätskonzepten und bin in entsprechenden Initiativen und Diskussionsforen aktiv. Seit acht Jahren gehöre ich zu den Mirker Schraubern, die in ihrem Fahrradreparaturcafé Menschen zeigen, wie man sein Rad wieder selbst in Ordnung bringt. In all den Jahren musste ich feststellen, dass man bei der Verkehrswende nicht allzu viel von der Verwaltung erwarten kann. Deshalb habe ich das selbst in die Hand genommen und im Juni 2019 mein Geschäft eröffnet. Zu Beginn war ich davon ausgegangen, dass ich viel Öffentlichkeitsarbeit machen muss, um die Menschen davon zu überzeugen, ihr Auto gegen ein Lastenrad zu tauschen. Aber als ich eröffnet habe, standen direkt Kunden vor der Ladentür und interessierten sich für die Räder. Sie haben regelrecht auf so ein Spezialgeschäft gewartet. Denn ein nur auf Lastenräder spezialisierten Laden gab es in Wuppertal nicht. Inzwischen habe ich für die Werkstatt auch einen festangestellten Mitarbeiter.
Wie wichtig ist die Beratung beim Kauf eines Lastenrades?
Freitag: Das ist ganz entscheidend. In der Regel mache ich mit den Kunden einen Termin für die Beratung aus, die dann auch schon mal anderthalb Stunden dauern kann. Dabei geht es nicht nur um technische Fragen, sondern auch um die Familiensituation, für die ein Lastenrad angeschafft werden soll. Man muss sich in die Leute einfühlen, das habe ich schon als IT-Berater gelernt. Wichtig ist auch eine ausgedehnte Probefahrt. Ich schlage den Kunden vor, das Rad dort vor Ort zu testen, wo sie es später brauchen – auf dem Weg zum Kindergarten oder auch zum Einkaufen. Ich lasse den Menschen Bedenkzeit, auch wenn das ein paar Tage dauert. So eine Entscheidung für ein Rad, das bis zu 8000 Euro kostet, muss in Ruhe reifen.
Wer sind Ihre Zielgruppen?
Freitag: Die Hauptzielgruppe sind Familien. Bei Gewerbetreibenden ist das Interesse für Lastenräder in Wuppertal bislang noch eher gering. Im Vorjahr haben wir etwa 55 Räder verkauft, vier davon waren Gewerbetreibende. Diesen scheint trotz der guten staatlichen Förderung durch Land und Bund von bis zu 30 Prozent des Anschaffungspreises einfach der Mut zu fehlen, etwas Neues zu wagen. Dabei wäre so ein Lastenrad zum Beispiel für einen Schornsteinfeger, der von Haus zu Haus immer nur sehr kurze Strecken zurücklegt und dessen Gepäck übersichtlich ist, eigentlich optimal. Das gilt gerade in Vierteln wie in der Nordstadt, in denen die Straßen eng und die Parkplätze knapp sind. Mit einem Lastenrad hat man kaum Parkplatzprobleme.
Ist das ein spezielles Problem im hügeligen Wuppertal?
Freitag: Das hat viel mit Psychologie zu tun. Für viele Wuppertaler ist das Rad als Verkehrsmittel immer noch undenkbar, auch wenn der Radanteil am Gesamtverkehr dank der Radtrassen deutlich angestiegen ist. Aber gerade Handwerker und andere Gewerbetreibende haben regelrecht Angst, ihre gewohnten Geschäftsprozesse zu ändern. Da bräuchte es mehr Mut zum Lastenrad. Aber man hat das Gefühl, dass die Wuppertaler gerade im gewerblichen Bereich das Rad als kostengünstige und umweltfreundliche Alternative einfach nicht im Kopf haben.