Ein Trichterofen erinnert an Jahrmillionen der Erdgeschichte

Besucher konnten sich über die Historie der Kalkgewinnung am Eskesberg informieren.

Varresbeck. Jahrmillionen lag das Gestein vergraben unter Erdschichten, entstanden aus einem warmen, lichtdurchfluteten Meer. Im tropischen Klima siedelten sich Korallen an und ein langes Korallenriff entstand. Im Laufe der Zeit aber veränderte sich die Erde: Kontinente drifteten voneinander weg, die Bewegungen der tektonischen Platten sorgten für Auffaltungen, der Boden sackte ab und ein faszinierender Prozess begann — der Kalkstein vom Eskesberg war geboren.

Heute lassen nur die Überbleibsel aus der Kalkgewinnung die bewegte Geschichte der Region rund um den Eskesberg erahnen, aber die sind schon eine Geschichte für sich. In Führungen durch den ehemaligen Kalktrichterofen erzählen Mitarbeiter des Historischen Zentrums Wuppertal von den Strapazen der frühen Kalkgewinnung und den einfachen, aber technisch ausgeklügelten Methoden.

„Mit Beginn der Stahlherstellung im großen Stil wurden immer größere Mengen Kalk in der Industrie benötigt“, erzählt Ute Senger während einer Führung. „Damit die Industrie den abgebauten Kalkstein aber nutzen konnte, musste er zuerst verbrannt werden, damit das im Kalkstein gebundene Kohlendioxid entweicht.“

So wurde der Ofen in einer geschickten Schichtung aus Stroh, Reisig und Holz im unteren Bereich befeuert. Anschließend kippten die Arbeiter am oberen Trichterrand Kalkstein und anfangs Kohle, später Koks, in den Ofen. Durch die Hitze von unten begannen Kohle und Kalkstein sich zu erhitzen und der Kalkstein wurde, wie es im Fachjargon heißt, ‘entsäuert’. Am unteren Ende des Trichters konnte über Öffnungen Luft zugeführt und der fertig gebrannte Kalk abgetragen werden.

Mit den technischen Mitteln der damaligen Zeit war diese Arbeit körperliche Schwerstarbeit: „Täglich mussten insgesamt zirka 45 Tonnen Kohle und Kalkstein oben in den Trichter gefüllt werden. Parallel dazu schaufelten die Männer jeden Tag 25 Tonnen an gebranntem Kalk unten aus dem Ofen“, erzählt die Führerin. „Da der Ofen rund um die Uhr befeuert wurde, waren das ungefähr 10 bis 15 Tonnen pro Arbeiter pro Tag.“

Aber nicht nur dem Gewicht mussten die Männer trotzen: Gearbeitet wurde bei jeder Witterung an dem heißen Trichter — egal ob Schnee und Eis oder gleißende Sonne. Seit 1942 ist der Ofen nun aber stillgelegt. Anschließend diente er im Zweiten Weltkrieges als Zufluchtsort vor Bombenangriffen für 50 bis 60 Menschen. Nach Sanierungsarbeiten ist er heute ein anschaulicher Zeitzeuge Wuppertals großer Vergangenheit als Industriestadt.

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