Ein Ort, an dem der Tod seinen Schrecken verliert

Das Christliche Hospiz bietet Unterstützung für Betroffene und Angehörige.

Dönberg. Die Krankenschwester klopft behutsam an die Tür, sie trägt ein Tablett mit dem Mittagessen. „Wenn es momentan nicht passt, komme ich gerne auch später noch einmal wieder“, sagt sie mit ruhiger Stimme. Der Wunsch des Gastes wird respektiert. Allerdings ist in diesem Moment nicht klar, ob es überhaupt ein später geben wird.

Die junge Krankenschwester mit dem farbenfrohen T-Shirt arbeitet im Christlichen Hospiz Wuppertal-Niederberg an der Höhenstraße. „Es kommt vor, dass innerhalb eines Tages vier Menschen sterben“, erzählt Sozialpädagogin Claudia Hennig. Für jeden Toten wird der Sonnengong in der Halle des Lichts geschlagen. Ein erstes Mal, um den Tod anzuzeigen und ein zweites Mal, später, wenn der Bestatter den Verstorbenen abholt. „Wir Mitarbeiter begleiten den Sarg dann bis zum Wagen des Bestatters“, berichtet Hennig von einem der zahlreichen Rituale, die es im Dr. Werner Jackstädt Haus gibt.

Trotzdem spielt der Tod — auch wenn er allgegenwärtig ist — dort nicht die übergeordnete Rolle. Es ist das Leben, das die eigentliche Hauptrolle innehat. Aber ist größtmögliche Lebensqualität „bis zuletzt“ überhaupt möglich?

„Das Leben ist das Kleine“, sagt Pflegedienstleiterin Iris Thenhausen. Seit zwei Jahren arbeitet sie in dem Hospiz auf dem Dönberg — und sie kann sich nicht vorstellen, jemals wieder woanders zu arbeiten. Es ist ihr wichtig, sterbenden Menschen viele kleine Wünsche erfüllen zu können. Der Raucher darf weiter rauchen, der Hundebesitzer seinen Bello mitbringen — sofern ein Angehöriger diesen versorgt. In den beiden Küchen des modernen Gebäudes können die Hospiz-Gäste mit Freunden, Bekannten und Angehörigen gemeinsam kochen — das Lieblingsessen oder ein Gericht aus der Kindheit. Diese Kleinigkeiten bedeuten größtmögliche Lebensqualität für einen sterbenden Menschen.

Das Sterben selbst erlebt jeder anders — „und möchte auch jeder anders erleben“, so Sozialpädagogin Hennig. Die einen wollen alleine sein, andere ihre Lieben um sich haben. Pflegedienstleitung Thenhausen ist häufig dabei und weiß: „Der Tod gehört zum Leben und ist im Moment des Sterbens auch ein guter Freund.“ Ihr ist aber klar, dass ihre Einstellung zum Tod nicht von jedem geteilt wird. Viele Menschen haben Angst vor dem Tod und dementsprechende Berührungsängste mit dem Hospiz. „Da gibt es ein Hospiz, da gehen Menschen hin, um zu sterben — diese Angst wollen wir nehmen“, so die Pflegedienstleitung.

Darum möchte sich das Hospiz öffnen, möchte sich das Leben zurückholen. Kunst, Kultur und Bildung sollen Einzug halten in das Kommunikationszentrum im Untergeschoss. Das Sommerfest am Sonntag soll ein erster Schritt sein. Dann spielt die Dortmunder Rockband „Männer ohne Nerven“ — auch das Lied „Knocking on Heaven’s Door“ (Klopfen an der Himmelstür). „Ein bisschen provozieren wollen wir ja auch“, sagt Hennig voller Vorfreude.

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