Das Ende einer Kneipen-Ära: Paul Decker zapft das letzte Bier

Der beliebte Mundart-Musiker schließt zu Silvester die Traditions-Kneipe „Am langen Handok“.

Elberfeld. Silvester ist Schluss: Wenn das letzte Bierfass geleert ist, werden das Wuppertaler Original Paul Decker und seine Frau Gabriele die Kneipe „Am langen Handok“ in der Marienstraße für immer schließen. Acht Jahre stand Decker hinter der Theke. Die ersten vier Jahre als Angestellter. Dann übernahm seine Frau als Betreiberin.

Der Frontmann der Wuppertaler Mundartband „Striekspöen“ hatte seine Gitarre stets griffbereit, war nie um eine improvisierte Gesangseinlage verlegen. Doch nicht nur das Urgestein Paul Decker, auch das Lokal selbst ist eine Institution auf dem Ölberg — eine echte Alt-Herren-Kneipe. Was so viel zum Charme des Lokals beigetragen hat, ist gleichsam verantwortlich für das Todesurteil: „Unser Stammpublikum stirbt langsam aus“, sagt Decker. „Für die jungen Leute sind wir einfach nicht attraktiv.“ Diese gingen lieber in angesagte Bars, glaubt der Wirt und fügt im typischen Wuppertaler Dialekt hinzu: „Aber wat willse machen?“

Ganz so gelassen, wie dieser Satz klingt, nimmt das Ehepaar Decker die Schließung aber nicht. „Das ist für mich alles ganz bitter“, sagt Gabriele Decker. Sie steht mit 54 Jahren vor einer ungewissen Zukunft. Für ihren 62-jährigen Mann wird es noch schwieriger, eine andere Anstellung zu finden: „Ob andere gastronomische Betriebe für mich noch Verwendung haben, müssen wir sehen“, sagt Paul Decker.

Seine Popularität als Mundart-Sänger ist unterdessen ungebrochen: 2009 kam es zu einer musikalischen Verbindung zwischen Paul Decker und der Wuppertaler Club-Szene. Ein DJ nahm mit Decker die bekannten „Striekspöen“-Lieder „Et Lehnchen“ und „Jungens ut’m Tal“ als Reggae-Versionen auf. Zu diesen Songs tanzen auf Partys im Tal auch viele junge Leute und feiern Paul Decker wie einen Star.

Der ist nicht nur mit der Starlight Band weiterhin auf Tour, auch mit den „Striekspöen“ wird der lebenslustige Wuppertaler weiterhin aktiv sein. Die Karnevalssession geht bald richtig los, und so stehen seine Frau und er nicht ganz ohne Einnahmequelle da. Für beide ist es dennoch eine Last, nicht zu wissen, wie es weitergeht: „Körperlich bin ich fit“, sagt Decker. „Aber psychisch belastet mich die Situation sehr.“

Das Gerücht, seine Frau und er würden die Kneipe aufgrund baulicher Mängel schließen, bestätigte Decker nicht. Das Ordnungsamt habe zwar viele Auflagen gemacht, der Vermieter sei aber schon dabei, diese zu erfüllen. Für ihn heißt es jetzt, einen Nachmieter für das Lokal zu finden. Die Kündigung der Deckers liegt dem Vermieter bereits seit Monaten vor. Rein wirtschaftliche Aspekte seien ausschlaggebend für die Aufgabe des Lokals gewesen. „Es ist schade, dass wir von dem, was die Kneipe abwirft, nicht leben können“, meint Decker. Allen Ungewissheiten im neuen Jahr zum Trotz freuen sich Paul und Gabriele Decker, gemeinsam mit Freunden und Bekannten Silvester das letzte Bierfass zu leeren.

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