Kolumne: Logbucheintrag 0.23 Bildet Informationsfahrgemeinschaften!

Utopiastadt · In unserer neuen Kolumne aus Utopiastadt geht es um smartes Fahren.

 Viele Wege führen zum Rathaus.

Viele Wege führen zum Rathaus.

Foto: Dimitrij Haak

In der letzten Kolumne ging es um den Verkehrswandel. Davor um smarten Umgang mit Daten. Wir in Utopiastadt denken Dinge gerne in Zusammenhängen – was also ist mit smartem Verkehr? Die Stadt Frankfurt am Main will Lärm und Schadstoffe im Straßenverkehr reduzieren, in dem sie eine App herausgibt (trafficpilot), welche abhängig von Position und Fahrtrichtung die Geschwindigkeit anzeigt, die man einhalten sollte, um an der nächsten Ampel nicht bei Rot stehenbleiben zu müssen. 441 Lichtzeichenanlagen schicken dafür Daten in die Verkehrsleitzentrale, wo die Informationen ausgewertet und aufbereitet werden. Die App hat rund 256 000 Euro gekostet und wurde leider nicht als Open Source herausgegeben. Schade, denn immerhin sind nicht wenige öffentliche Mittel dafür ausgegeben worden. Gut hingegen finde ich, dass diese App auch von Radfahrenden genutzt werden kann. Toll, dachte ich, das will ich hier in Wuppertal auch haben. Schnell war mein Smartphone gezückt, die Twitter-App geöffnet, der Account der Stadt Wuppertal adressiert und ... dann hielt ich inne. Denn eine fancy, aber geschlossene App, die immerhin Positionsdaten ihrer Nutzenden erhebt und in den Datenschutzbedingungen Versprechungen macht, die man nicht unmittelbar nachprüfen kann, macht den Verkehr einer Stadt noch lange nicht smart.

Dies tun, ich sagte es vor vier Wochen schon, nur Menschen. Und daran mangelt es auch im Verkehrsdezernat, welches besser ausgestattet gehört. Wenn Herr Slawig Anfang Januar im lokalen Radio behauptet, die Stadt könne sich die Verkehrswende nicht leisten, lässt er dabei außer Acht, dass es uns noch viel teurer zu stehen kommt, wenn wir so vehement auf die Auto-Zentrierung in der Stadtentwicklung beharren. Der Klimaschutz wird in dieser Argumentation ebenso außer acht gelassen wie soziale Faktoren insbesondere in einer Innenstadt. Ein vernünftig ausgestattetes Verkehrsdezernat hat die Zeit und damit die Möglichkeiten, den Verkehr ganzheitlich und neu zu denken - jenseits von kleinen und symbolischen Modellversuchen, wie wir gerade einen am Laurentiusplatz betrachten können und wo auch gerade die Autofahrenden am lautesten gegen den Modellversuch agitieren. Wirklich smart wird unsere Stadt nicht, wenn wir nicht mutiger und offener für neue Wege der Gestaltung sind. Herr Slawig sollte nicht das kommende Bürgerbeteiligungsverfahren für ein neues Mobilitätskonzept von vornherein mit solchen Äußerungen torpedieren und die Bürger entmutigen, daran teilzunehmen.

Der Hersteller von Trafficpilot listet auch Wuppertal auf seiner Seite mit dem Hinweis „im Aufbau“. Ich hoffe jedoch nicht, dass die Stadt trafficpilot bloß marketingwirksam adaptiert, sondern die Datenbasis als offene Daten herausgibt - die die App dann gerne verwenden kann, die aber andererseits auch neue Formen der Wissenschaft, nämlich Bürger*innen-Wissenschaft (Citizen Science) und damit sachlichere Debatten möglich machen. Das wäre smart.

Am 5. März ist Open Data Day 2022.

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