Belvedere-Turm: Uellendahls gefährdeter Schatz

Der Belvedere-Turm verfällt seit Jahren. Ob das Denkmal zu retten ist, bleibt fraglich.

Uellendahl. In Märchen gibt es verwunschene Türme — der Uellendahl hat dafür seinen eingerüsteten Turm. Wie lang der denkmalgeschützte Bau an der Kohlstraße, der früher eine Verbindung zur Villa Seyd besaß, schon vergittert ist, weiß selbst die zuständige Gerüstbau-Firma nicht genau. „Aber so ein langer Zeitraum ist schon sehr selten“, heißt es aus der Zentrale. Im Herbst 2007 ist es wohl gewesen.

Seitdem gibt es regelmäßig Nachfragen, etwa in der Bezirksvertretung, ob und wann sich endlich etwas tue. „Das interessiert, auch, weil ja jeder den Turm beim Vorbeifahren sieht“, sagt Bezirksbürgermeister Hans-Joachim Lüppken. Die Antwort auf die Nachfragen ist stets die selbe: Nichts Genaues weiß man nicht. Das Problem: Der Belvedere-Turm, wie er offiziell heißt, befindet sich in Privatbesitz.

Eigentümer ist seit einigen Jahren Whitehall, ein Immobilienfonds der Goldman Sachs Gruppe. Offizielle Auskünfte zu dem Objekt gibt es kaum. Nach WZ-Informationen gehörte der Turm damals zu einem Immobilienpaket, das neben dem Turm noch aus einem Wohn- und Bürogebäude besteht. Das Interesse der Eigentümer soll mehr auf dem letzteren Bestandteil liegen, weshalb der Turm — böse Zungen drücken es so aus — vor sich hingammelt.

Abgesehen von der Einrüstung ist seit dem Kauf nichts an dem 1896 errichteten Bauwerk passiert. Passend dazu soll ein Gutachten des LVR-Denkmalamtes aus dem Jahr 2008 existieren, das dem Turm einen „desolaten Zustand“ bescheinigt und die Sanierungsmöglichkeiten als „äußerst begrenzt“ angibt.

Aus Gutachten zitiere er grundsätzlich nicht, möchte Klaus Thiel vom Denkmalamt die Angaben nicht bestätigen. Im Gespräch mit der WZ räumt er allerdings ein, dass der Turm ein „Problemkind“ sei. „Wer architektonisch interessiert ist, für den ist der Zustand ein Trauerspiel.“

Schon beim Ortstermin vor einigen Jahren sei der Bau stark verfallen gewesen. „Die alte Freitreppe war schon abgebrochen, wir kamen gar nicht mehr hinein.“ Dabei muss der Turm einmal sehr schön gewesen sein. Die Eigentümer der Villa Seyd (siehe Kasten) hätten mit dem Bau damals ihren Besitzerstolz ausgedrückt, erklärt Thiel. So bot der Turm doch einen tollen Blick auf die prächtige — heute hinter anderen Häusern aber kaum noch auffallende — Villa.

Erbauer Hermann Seyd hatte wohl auch den Turm opulent ausstatten lassen, wenngleich von der Pracht nichts mehr geblieben ist. Und dann ist da ja noch der Mythos vom unterirdischen Gang, den Seyd angeblich nutzte, um unbemerkt in den Turm zu gelangen und dort kräftig — und ohne seine Frau — zu feiern.

Nachprüfen lässt sich das nicht mehr, und es besteht auch die Gefahr, dass der Turm womöglich bald Geschichte ist. Bei Privateigentümern sei der Einfluss der Denkmalbehörden begrenzt, sagt Thiel. „Das Problem beim Belvedere-Turm ist die relativ kleine Nutzfläche.“ Eine Möglichkeit, so Thiel, sei höchstens, bei einer Sanierung die „denkmalbedingten Mehrkosten erträglich zu machen“.

Doch ob der Eigentümer überhaupt sanieren will? Nach WZ-Informationen soll der eher am Weiterverkauf des Immobilienpaketes interessiert sein — notfalls auch ohne den Turm, was dessen Chancen auf einen Fortbestand nicht gerade vergrößert.

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