Ursula Lietz: Das „Dorp“ ist ihre Heimat

Die Gedenkstunde zum 10. Jahrestag des Mauerfalls war der Höhepunkt ihres politischen Lebens.

Cronenberg. Sieben Jahre gehörte Ursula Lietz dem Deutschen Bundestag an. Sie erlebte den Umzug des Parlaments von Bonn nach Berlin und feierte die Einweihung des Berliner Reichstags am 19. April 1999 mit. Von 1998 bis zur Auflösung des Parlaments 2005 war sie Teil des politischen Lebens in Berlin. „Das war eine erlebnisreiche, sehr interessante Zeit für mich, mit vielen bleibenden Begegnungen“, bilanziert die nach wie vor politisch sehr interessierte, aber nur noch bedingt engagierte Christdemokratin mit Cronenberger Wurzeln.

Hier ist sie aufgewachsen, und hier ging sie zur Schule. Das „Dorp“ ist ihre Heimat, unterbrochen nur durch einen mehrjährigen Abstecher nach Kanada und in die USA. Der Weg in die Politik ist der Arzttochter, die an der Universität in Düsseldorf eine Ausbildung zur Medizinisch Technischen Assistentin absolvierte, nicht an der Wiege gesungen worden. Vielmehr war es die hierzulande schwierige Situation für alleinerziehende Mütter, die sie vorfand, als sie 1970, geschieden, mit Sohn Martin aus den USA nach Wuppertal zurückkehrte. „Es gab damals keine Ganztagsschulen. Wenn mir meine Mutter nicht geholfen hätte, wäre ich total aufgeschmissen gewesen.“

In ihrem Beruf fasste sie schnell wieder Fuß. Diese Situation hat sie veranlasst, sich politisch zu betätigen. 1983 trat sie der CDU bei, wo es mit der engagierten, politisch geschickten und redegewandten Dame schnell aufwärts ging. 1984 wählten sie die Bürger im Wahlkreis Cronenberg-Nord direkt in den Rat der Stadt, wo sie 1991 zur Fraktionsvorsitzenden aufstieg. In der Ratsarbeit beschäftigte sich Ursula Lietz vorwiegend mit der Lösung von Fragen zu Schule, Jugend und Gesundheit. „Das war eine schöne Zeit“, erinnert sie sich heute. „zumal ich in und für meine Heimatstadt etwas bewirken konnte.“

Die Zeit im Bundestag ab 1998 brachte dann umfangreichere und anspruchsvollere Aufgaben mit sich. Überraschend bot man ihr an, im Verteidigungsausschuss das Sanitätswesen zu übernehmen. „Eine interessante Aufgabe. Mehrfach war ich im Kosovo und in Afghanistan, wobei es unter anderem um den Aufbau von mobilen Krankenhäusern für unsere Soldaten ging.“ Natürlich war sie auch mehrfach zu Gast im Pentagon, wo sie neben den jeweiligen amerikanischen Verteidigungsministern auch Ted Kennedy kennenlernte. Den absoluten Spitzenplatz in der Vielzahl wichtiger, in ihrem Gedächtnis verhafteter Erinnerungen nimmt allerdings die Feier zum „10. Jahrestag des Mauerfalls“ im Deutschen Bundestag am 9. November 1999 ein. „Da hatte ich das Gefühl, Du sitzt in einem Geschichtsbuch“, sagt sie.

„Zu den Rednern zählten George Bush sen., der ehemalige Präsident der USA, Michail Gorbatschow, damaliger Präsident der Sowjetunion, und auf deutscher Seite neben Bundeskanzler Gerhard Schröder und Altkanzler Helmut Kohl auch der damalige Bundesbeauftragte für Stasi-Unterlagen und jetzige Bundespräsident Joachim Gauck.

Alle Redebeiträge und die Stimmung im Bundestag waren von Würde, Harmonie und Freundschaft geprägt, besonders die Rede von George Bush. Das war für mich ein nachhaltiges, unvergessliches Erlebnis.“

Als Gerhard Schröder im Juli 2005 das Parlament auflöste und Neuwahlen anstanden, war die Zeit von Ursula Lietz als Bundestagsabgeordnete vorbei. „Ich habe nicht mehr kandidiert. Das war meine eigene Entscheidung.“

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