Im Viertel der Piraten und Presbyter
Gudrun Balewski lebt seit ihrer Geburt auf Külenhahn und ist mit ihrem Blumenladen im Ortsteil eine echte Institution.
Küllenhahn. Küllenhahn hat zwar keinen Marktplatz. Aber so eine ähnliche Funktion übernimmt der Blumenladen von Gudrun und Bernd Balewski an der Küllenhahner Straße. Wer hier Blumen kauft oder ein Paket abholt, bekommt das Neuste aus dem Dorf gleich gratis mit auf den Weg.
Die 62-Jährige trägt nicht nur das Siegel „Küllenhahner Original“, sie ist auch wirklich original aus Küllenhahn und hat das Örtchen nie verlassen. „Ich bin hier geboren und lebe hier hoffentlich noch viele weitere Jahre“, sagt Balewski, die nach eigener Aussage nur die wenigstens Küllenhahner nicht zumindest vom Sehen kennt.
Und wirklich: Beim Spaziergang über die Küllenhahner Straße grüßen fünf von fünf Passanten „die Gudrun“. Dabei kennt Balewski sogar die Abläufe ihres Viertels so gut wie der Uhrmacher sein Uhrwerk. „Sehen Sie den Herren?“, sagt die 62-Jährige und zeigt auf einen Passanten vor ihrem Geschäft. „Der geht jetzt ins ,Zweieck’, trinkt zwei Bier und kommt dann später wieder vorbei.“ Bereits Balewskis Mutter war eine Lokalpatriotin und hat 1985 das Buch „För Schwatte, Witte on Küllenhahner“ verfasst, das in Wort und Bild die Lokalhistorie und das Leben auf Küllenhahn aufarbeitet. Der Titel des Buches ist so zu verstehen, dass die Küllenhahner eine Sorte für sich sind.
„Die alten Küllenhahner waren Seeräuber und Presbyter in einem, so sagt man“, weiß Gudrun Balewski. Gerissene Geschäftsmänner und gleichzeitig fromme Christen. Um 1850 sollen auf dem Küllenhahn fünf bis sechs Familien den Ton angegeben haben. Handwerker, die bei den unterschiedlichen Arbeitsschritten zusammenarbeiteten und so laut Balewski „das Geld in den eigenen Reihen hielten“. Die Blumenverkäuferin sagt augenzwinkernd: „Die waren wie Gangs.“
Am Rande
der Großstadt
In den 50er und 60er Jahren schwemmte viel frisches Blut in die eingeschworene Küllenhahner Gemeinschaft. Die vielen Freiflächen des Viertels wurden mit Neubaugebieten aufgefüllt. „Damals ist eine Wiese nach der anderen zugebaut worden“, sagt Balewski. Heute sei kaum noch Platz, um noch weiter zu bauen.