Wasserturm Hatzfeld: Traumhafter Blick aus dem Raumschiff

Der futuristisch anmutende Wasserturm auf Hatzfeld versorgt hunderte von Haushalten.

Hatzfeld. Ein Raumschiff auf Hatzfeld? Schaut der Betrachter entlang des behäbigen Industriekolosses, kommt ihm die Assoziation, mitten in der Kulisse eines Science-Fiction-Films, zu sein, in den Sinn. Dabei ist dieser Turm mehr Sein als Schein: Immerhin versorgt der kühle Betonklotz hunderte von Haushalten auf Hatzfeld, dem Dönberg und dem Norden von Barmen mit Wasser.

Es ist eine Ästhetik des Alltäglichen, die der Hatzfelder Wasserturm hoch oben an einem der höchsten Punkte des Stadtgebiets ausstrahlt — das Normale wird zum Besonderen. Vor allem an diesem Tag, als die Mitarbeiter der Stadtwerke die schweren Stahltürmen für Besucher aufstoßen.

Nur wenige Sekunden dauert die Fahrt mit dem Fahrstuhl. Vorbei an den zwei Kammern des großen Wasserspeichers mit einem Fassungsvermögen von insgesamt 2450 Kubikmetern. Von den Talsperrenwerken Herbringhausen und Dabringhausen gelangt das Wasser mit Hilfe zweier Pumpstationen an der Schützenstraße in den Wasserturm auf Hatzfeld.

Technische Details, die der Besucher leicht zur Nebensächlichkeit erklärt, wenn er die wenigen Stufen der Metalltreppe emporsteigt und auf dem Turm die Aussicht in 63 Metern Höhe (338 Metern über dem Meeresspiegel) genießt. Wer oben ist, kann auf andere Besucher herabsehen oder sich in der Perspektive über Wuppertal verlieren: das Atta-Dösken, die Wassertürme auf Lichtscheidt und Nächstebreck, die Wälder. Da gerät der ein oder andere ins Schwärmen: „Wuppertal ist so eine schöne Stadt“.

Und eine Gewissheit gibt das WSW-Team den Wuppertalern an diesem Nachmittag. „Wuppertal hat eines der saubersten Trinkwasser.“ In diesem Wasserkreislauf übernimmt der Wasserturm auf Hatzfeld gleichzeitig zwei Aufgaben: auf der einen Seite die Speicherung und auf der anderen den Druckausgleich von Wasser. Vom Turm wird das Wasser dann in die Wasserhähne in die Haushalte gepumpt.

Über die Technik staunen auch Lennard (4), Wingard (2) und Berit (7). Wie oft sie ihren Vater bei Autofahrten, sahen sie einen Wasserturm, gefragt haben, wie dieser funktioniert, kann Uwe Sippel nicht mehr zählen. Deshalb nutzte der Heckinghauser die Chance und machte einen Ausflug nach Hatzfeld. Sein Urteil: „Sehr interessant.“

Blickt der Betrachter auf die andere Straßenseite schräg gegenüber, sieht er den Vorgänger des Wasserturms. Der Altbau thront wie eine Prinzessin im Dornröschenschlaf. Es war Anfang der 80er Jahre, als dessen Sanierung anstand. Zu teuer. Der Grund: Der Kessel aus Zink machte Probleme — und hätte nicht mehr dem technischem Standard entsprochen. Die WSW gaben den 2,4 Millionen Mark teuren Neubau in Auftrag. 1985 nahmen sie den neuen Wasserturm in Betrieb.

Damals kaufte ein Student für eine Mark den alten Wasserturm. Mit dem Obolus war es indes nicht genug, denn der junge Wuppertaler verpflichtete sich, die Immobilie zu sanieren. Daraus wurde bis heute nichts: Dem Studenten fehlte das Geld und er ward nicht mehr gesehen — zumindest nicht mehr auf Hatzfeld. Man munkelt, dass er nach Südamerika ausgewandert sei.

Und was bleibt nach fast 30 Jahren? Als Ensemble stehen die beiden industriellen Industriesaurier auf dem Gelände, wo einst die Firma Rosenkranz Dampfkessel herstellte. Der eine, der Alte, erbaut mit architektonischer Raffinesse, die mehr und mehr verfällt — bei dem anderen sticht wiederum die große Sparsamkeit an Architektur ins Auge. Nützlich sollte er sein, mehr nicht. Später machten sich wohl nur wenige Architekten die Finger an Wassertürmen schmutzig.

Nichtsdestoweniger haben die Menschen eine Sehnsucht, zu erfahren, wo „ihr Wasser“ herkommt und so rücken auch sonst anonyme Zweckbauten wie Wassertürme ins Bewusstsein — vor allem in einer Zeit, in der Kraftwerke auf der Erde zur Gefahr werden und es (noch) keine Raumschiffe gibt.

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