Vincenzo boxt sich durch

Er ist Junioren-Boxmeister und hat nun seinen Schulabschluss in der Tasche: Vincenzo Gualtieri (16) ist ein Vorbild für viele.

Oberbarmen. Mittwochmorgen auf dem Schulhof der Hauptschule Hügelstraße. Die Zehntklässer werden offiziell in den Ernst des Lebens entlassen. Auch der 16-Jährige Vincenzo Gualtieri bekommt beim traditionellen Frühstück von Schülern und Lehrern sein Abschlusszeugnis. "Ich bin ganz zufrieden mir den Noten", meint der Deutsch-Italiener.

Vincenzo war zwar nicht der beste Schüler, aber dennoch stand er noch einmal ganz besonders im Mittelpunkt. Denn vor drei Wochen gewann der talentierte Boxer die deutsche Juniorenmeisterschaft im Weltergewicht (bis 63 Kilogramm). "Wir hatten es damals leider verpasst, ihn groß zu ehren. Deswegen wollten wir das heute nachholen", sagte Rektorin Ulrike Liedtke, die sehr stolz auf ihren Schüler ist - nicht nur wegen dessen sportlicher Erfolge. "Ich sehe Vincenzo als jemanden, der auch für seine Mitschüler ein echtes Vorbild ist. Jemand, der bewiesen hat, dass man etwas erreichen kann, wenn man sich engagiert", so die Schulleiterin, die übrigens auch schon den inzwischen zum Bundesligakicker und U20-Nationalspieler aufgestiegenen "Richie" Sukuta-Pasu unter ihren Fittichen hatte.

Die Rektorin weiß, dass in Zeiten inflationärer Castingshows viele Kinder und Jugendliche davon träumen, als Sänger oder Model entdeckt und so zum Star zu werden. "Aber man muss eben auch etwas dafür tun, dass man vorwärtskommt", sagt Ulrike Liedtke. Das habe Vincenzo gezeigt. "Es war manchmal schon stressig", erinnert sich der Nachwuchsboxer. Nach der Schule bin ich nach Hause, hab’ meine Hausaufgaben gemacht und danach ging es zum Training. Vier bis fünf Mal die Woche, jeweils eineinhalb bis zwei Stunden."

"Manchmal kam er auch mit einem blauen Auge in die Schule", schmunzelt die Rektorin. "Anfangs habe ich mich da jedes Mal ziemlich erschreckt und mir Sorgen gemacht. Aber das gehört zu so einem Sport nun mal dazu." Vincenzos Gegner dürften oftmals aber kaum besser ausgesehen haben. Schließlich sagt sein ASV-Vereinstrainer Kevin Günther: "Ich kenne keinen Jungen in seinem Alter und seiner Gewichtsklasse, der so hart schlagen kann wie er."

Doch das demonstriert der eher filigran wirkende und mit großem Kampfgeist ausgestattete Vincenzo nur im Ring. An seiner Schule gilt er als ruhig und besonnen. So wie sein Bruder Salvatore (17), der in die gleiche Klasse geht und gestern ebenfalls an der Hügelstraße verabschiedet wurde. Durch Salvatore kam Vincenzo überhaupt erst zum Boxen.

"Ich bin erst nur zum Zugucken mitgegangen. Aber dann habe ich sofort Feuer gefangen und mich angemeldet", berichtet Vincenzo, der am liebsten Box-Profi werden würde. "Aber erst mache ich meine Ausbildung", sagt er entschlossen. "Am liebsten irgendwas im Metallbereich." Schließlich habe er schon ein Praktikum als Anlagenmechaniker gemacht, und das habe ihm gut gefallen. Sein Bruder Salvatore hat die Boxhandschuhe übrigens an den Nagel gehängt und ist inzwischen eher als Rapper erfolgreich. Sogar vor dem Bundespräsidenten ist er schon aufgetreten.

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