Musik und Ausdruck: Senioren tanzen und machen Theater

Das Seniorentanztheater Claudio li Mura begeisterte mit „Fragmente“ im Piccolo Theater der Rudolf-Steiner-Schule.

Unterbarmen. Es erfordert viel Mut, vor einer Gruppe zu tanzen. Noch dazu, wenn man keinerlei Erfahrung hat, und insbesondere, wenn das Publikum aus beachtlich vielen Interessierten besteht.

Beim Seniorentanztheater Claudio li Mura scheinen die Darsteller kein Lampenfieber zu kennen. Sie springen und schwingen über die Bühne, als wäre es etwas Alltägliches.

Die Wiederaufnahme des Programms „Fragmente“ fand daher bei den mehr als hundert Zuschauern im Piccolo Teatro der Rudolf-Steiner-Schule regen Anklang.

Anders als bei einem klassischen Theaterstück hatten die Besucher nicht die Möglichkeit, sich dessen Bedeutung schon im Vorfeld zu erschließen. So kamen viele Zuschauer vollkommen unvoreingenommen zu diesem teils amüsanten, teils nachdenklich stimmenden Tanzabend. Grundgedanke des Stücks, das Claudio li Mura entwickelt und choreografiert hat, ist die Darstellung der unterschiedlichen Lebenszyklen.

Einige Szenen sind leicht einzuordnen, andere erschließen sich nicht auf Anhieb. Da passt der Titel „Fragmente“, der nicht nur die Anspielung auf Bruchstücke aus dem Leben ist, sondern gleichzeitig ein Wortspiel: Das italienische Wort „mente“ bedeutet „Geist“.

Eines der Hauptanliegen des Theaterleiters, der selbst mittanzt, ist es, „das eigene Kind in sich“ zu entdecken und auf diese Weise die persönliche Rolle auszuarbeiten.

Die 22 Darsteller zwischen 55 und 78 Jahren stellen sich in gewisser Weise selbst dar. Obwohl es sich um ein Ensemblestück handelt, ist jedes Theatermitglied auch Solist. Jeder tanzt seinen oder ihren eigenen Part, mal alleine auf der Bühne, mal begleitet von anderen. Um dem Publikum emotional näher zu kommen, stellen sich alle Künstler am Anfang vor — tänzerisch, versteht sich, aber auch verbal. Insgesamt ist der Sprachanteil sehr gering. Die wenigen gesprochenen Sätze sind Lebensweisheiten oder Schlagwörter. Die Episode „Kindheit“ endet beispielsweise mit dem Ausruf „Schluss mit lustig“ und der Ehezeit werden Sprüche beigemischt, die laute Lacher ernten. „Liebe dich selbst, dann kannst du heiraten, wen du willst“, sagt eine Darstellerin und trifft damit den Kern des Stücks: sich selbst lieben lernen. Dann fällt es auch in fortgeschrittenem Alter nicht schwer, sich auf der Bühne auszuleben.

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