Leben im Denkmal (4): Der Traum einer jeden Architektin

Uta Golz entwarf ihre Wunschwohnung auf einer Etage der ehemaligen Fabrik für Schnürriemen am Tellweg.

Wichlinghausen. Der erste Eindruck ist gleich ein bleibender. Kaum betritt man die zweite Etage der ehemaligen Schnürriemen-Fabrik am Tellweg in Wichlinghausen, umgibt einen ein Gefühl der Offenheit und Freiheit. Die Sonne scheint durch die großen Industriefenster und füllt den mehr als 120 Quadratmeter großen Raum, der Wohnzimmer und Küche miteinander vereint, mit wohliger Wärme. Ein Sofa, der große Sessel, ein paar Regale, der Billard- und ein Esstisch — mehr füllt den Raum nicht aus. Spartanisch, aber stilvoll ist er eingerichtet.

Hinter der zweieinhalb Meter hohen Trennwand, die rund ein Viertel des Raumes abtrennt, sind Bade- und Schlafzimmer ebenfalls fast in einem. Es gibt keine Türen, keine Schlösser — Offenheit, so weit das Auge reicht.

Doch der wahre Höhepunkt der Wohnung von Uta Golz ist der großzügige Balkon, der dem Besucher einen Blick über das komplette Tal garantiert. „Gerade an Silvester genießen wir das immer wieder“, sagt Golz und erzählt mit funkelnden Augen vom alljährlichen Feuerwerk über der Stadt, für das ihr Balkon wie eine extra konzipierte Privat-Tribüne erscheint.

Seit rund drei Jahren wohnen Uta Golz, ihr Mann und Sohn Dali nun in der ehemaligen, denkmalgeschützten Fabrik. Seit ihre Pläne von den Handwerkern umgesetzt wurden. Denn Golz ist Architektin, die die 170 Quadratmeter große Etage „mit dem Ziel, meine eigene Wohnung zu gestalten, leer gekauft hatte, um sie nach meinen Wünschen zu gestalten“.

Ein Glücksfall für die gebürtige Elberfelderin. „Als Architektin sucht man jahrelang nach so etwas“, sagt sie. Zwar sei Wuppertal in dieser Hinsicht eigentlich eine dankbare Heimat, „weil es hier viele ehemalige Fabriken gibt“. Die meisten seien allerdings bereits in den 90ern umgebaut worden, „als der Loft-Boom Überhand nahm“.

Da sie aber keinen fertigen Ausbau kaufen, sondern ihre Traumwohnung selbst gestalten wollte, wartete sie jahrelang, bis sich ihr die Möglichkeit ergab. Doch als das Angebot endlich kam, stand die Geburt ihres Kindes an. So kümmerte sich Golz ein Jahr lang tagsüber um ihren Sohn, nachts zeichnete sie Pläne.

Ihr Ziel: so viel Industriecharme wie möglich behalten. „Hier steckt Geschichte drin, die wollte ich beibehalten.“ So hängt der alte, aber funktionstüchtige Lastenkran, mit dem sie einen Großteil des Umzugs meisterte, noch im Wohnzimmer, direkt über dem Billardtisch. Auch die Rohre an den Decken ließ sie nicht verkleiden, sondern lediglich aufpolieren. Dazu ist der neue Boden noch immer schwarz, was nicht nur optisch passt, sondern auch die Wärme in der Wohnung hält.

Uta Golz ist stolz auf ihre Kreation, von der in ihrem Berufsalltag sonst immer andere profitieren. Nun lebt sie ihn selbst, den Traum einer jeden Architektin.

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