Gelungenes Ständchen für Karl Otto Mühl

Der Schriftsteller feierte im Opernhaus seinen 90. Geburtstag.

Barmen. All jene Wuppertaler, für die er eben „der Otto“ ist — ob lieber Nachbar, treu zahlender Kunde im Stehcafé, flüchtiger Bekannter oder enger Freund —, werden sich gewundert haben. Nämlich darüber, dass der Saal des Opernhauses in Barmen am Sonntagmorgen nahezu voll besetzt, voller jedenfalls als bei manchem Theaterstück. Wundern werden sie sich auch, dass ein altes Werk dieses lieben Menschen, die „Rheinpromenade“ von 1974, im kommenden April im Kölner Schauspielhaus aufgeführt wird. Es muss also was dran sein an „unserem“ Wuppertaler Autor Karl Otto Mühl, der am vergangenen Samstag 90 Jahre alt wurde.

Sicheren Schrittes verließ Mühl am Schluss der rührenden Feier die Bühne und wollte sich schon setzen, als sich die Gäste von ihren Plätzen erhoben und ihm mit Applaus für sein Lebenswerk dankten. Dieses Werk ist freilich noch längst nicht abgeschlossen. Bürgermeisterin Ursula Schulz (SPD) vermutete, es sei wohl das Schreiben, das diesen Mann so wach und jung erhalte. Sie räumte aber auch ein, dass ihr langjähriger Freund von einer solchen Theorie wenig halte.

Mühl, in Nürnberg geboren, kam 1929 nach Wuppertal, schrieb schon als Jugendlicher für den General-Anzeiger, geriet 1942 in Kriegsgefangenschaft, aus der er erst fünf Jahre später heimkehrte. Er holte das Abitur nach und ging bis 1986 einem bürgerlichen Beruf als Exportleiter in der Metallindustrie nach. Das erklärt indessen nicht die stehenden Ovationen für einen rüstigen 90er.

Aufschlussreicher waren da schon die Geburtstagsgrüße vom P.E.N.-Club, die Mühls Freund und Kollege Hermann Schulz überbrachte. Der ehrenwerte Club, der Mühl eben nicht als „den Otto aus unseren Wuppertaler Reihen“ sieht, verneigt sich ehrfürchtig vor einem der ihren und wirft aus der Distanz den abgeklärten Blick auf das schriftstellerische Werk. Wie lebendig das ist, ließen die Wuppertaler Schauspieler Maresa Lühle, Anne-Catherine Studer und Thomas Braus in köstlich vorgetragenen Szenen und Lesungen nacherleben.

Und dann gelang, was sonst meistens in Chaos oder Verstummen endet: Unter Anleitung von Sängerin Anne Simmering sangen die Gäste im Kanon „Viel Glück und viel Segen“. Gute Wünsche gab Mühl zurück, gerade auch mit Blick auf das Schauspiel in Wuppertal: „Wenn der Bürgerwille ausreicht, werden wir auch ein Theater behalten.“ Karl Otto Mühl hat seinen Teil dazu beigetragen, das Weitere ist Aufgabe des Publikums.

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