Eine Zuflucht für Jugendliche

In der Jugendschutzstelle finden junge Menschen Halt in Krisensituationen.

Unterbarmen. Es ist 12.30 Uhr — die Jungen und Mädchen, die in der Jugendschutzstelle der Caritas untergebracht sind, sitzen beim Mittagessen. Es riecht nach Kartoffeln, Erbsen und Möhren. Danach ist Ab- und Aufräumen angesagt. Leiterin Elke Hartmann zeigt auf einen Putzplan: Jeder ist mal an der Reihe. Die Küche ist bereits blitzblank. Zwei Jugendliche verstauen noch schnell Besen und Schrubber. Jetzt ist Freizeit angesagt: Kickern im Gemeinschaftsraum auf der zweiten Etage, wo die Jungen ihr Reich haben, Billard im Keller — oder vielleicht doch lieber etwas Kreatives?

Was sich anhört wie der strukturierte Tagesablauf in einer von vielen Jugendeinrichtungen, gibt den Jungen und Mädchen in der Jugendschutzstelle der Caritas den Halt, den sie in einer Krisensituation so dringend benötigen. „Wir wollen hier ein möglichst normales Umfeld schaffen“, erklärt Elke Hartmann. Der Alltag für die Jugendlichen soll weitergehen wie vorher.

Vorher — das ist vor dem letzten schlimmen Streit mit den Eltern, vor dem Tod des Großvaters oder bevor die Mutter wieder angefangen hat, zu trinken. „Die Jugendlichen kommen aus unterschiedlichen Gründen zu uns“, sagt die Leiterin. Manche bleiben mehrere Wochen, andere nur für eine Nacht. Manche werden von der Polizei nachts aufgegriffen, weil sie ausgebüxt sind, andere Jugendliche kommen von alleine.

2010 wurden 237 Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren in der Jugendschutzstelle in Obhut genommen. Zudem kümmern sich die zehn hauptamtlichen Mitarbeiter um minderjährige Flüchtlinge, die ohne Eltern nach Deutschland gekommen sind. 16 sind 2010 übergangsweise aufgenommen worden. Zehn Plätze gibt es, fünf für Mädchen und fünf für Jungen, die natürlich getrennt untergebracht werden. Und, so Hartmann: „Alle unsere Jugendlichen sind freiwillig hier.“ Niemand werde gegen seinen Willen untergebracht.

Weil jeder Jugendliche laut Kinder- und Jugendhilfegesetz das Recht auf eine sogenannte Ad-Hoc-Unterbringung hat, gehört die Jugendschutzstelle zu den Pflichtaufgaben der Stadt Wuppertal. Seit 1984 ist die Caritas als Freier Träger damit beauftragt. Das Gebäude in der Hünefeldstraße 52 wurde 2003 bezogen. Viele Jugendlichen haben seither dort Schutz gesucht — so viele, dass die Sofas im Gemeinschaftsraum der Jungen bereits ausgewechselt werden mussten.

„Der Großteil kommt aus der Mitte der Gesellschaft“, berichtet Elke Hartmann, die bereits seit mehr als 20 Jahren für die Caritas arbeitet. Wichtig sei, die Eltern einzubeziehen, auch ihnen zu klar zu machen, dass eine Krise jede Familie treffen kann. „Da gibt es kaum Eltern, die nicht daran interessiert sind, ihrem Kind zu helfen.“

Die Jugendschutzstelle ist dabei laut Hartmann allerdings immer auf der Seite der Jugendlichen. Wenn diese das wollen, kann auf den Aufenthalt auch die Unterbringung in einer Einrichtung oder Pflegefamilie folgen — oder eben die Rückkehr in die eigene Familie. „Manche Jugendlichen melden sich nach einiger Zeit und erzählen uns, wie es ihnen ergangen ist“, so Hartmann. Wenn dann alles wieder gut sei, hätten sie und ihre Kollegen ihren Job gut gemacht.

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