„Drachenflug“ auf dem Stausee

Am Wochenende lockt das Bergische Drachenbootfest. Die Drag Attacks machen sich fit für die WM.

Beyenburg. Loch Ness hat Nessi, der Beyenburger Stausee seine Drachen. Fast das ganze Jahr über sind die großen Kanus, die ohne aufmontierten Drachenkopf als Galionsfigur allerdings nur wenig an ihren Namensgeber erinnern, besonders abends auf der idyllisch gelegenen Wasserfläche zu sehen. In diesen Wochen ist der „Drachenflug“ jedoch deutlich erhöht. Am kommenden Wochenende steht das Bergische Drachenbootfest an, bei dem Schüler-, Hobby- und Firmenteams schon mal öfter wieder das Paddel in die Hand nehmen.

„Wer sportlich ist, und sich nicht scheut, mit 20 Mann in einem Boot zu sitzen, kann das Drachenbootfahren schnell lernen“, sagt Guido Wrede. Der ehemalige Kanute ist ein „Drachenfan“ der ersten Stunde beim Verein für den Kanusport VfK.

Vor 20 Jahren brachten er, der ehemalige Canadier-Olympiasieger Uli Eicke und Wolfram Faust die in Fernost beheimatete Sportart mit nach Wuppertal und haben hier seitdem eine echte Drachenburghochburg aufgebaut. Die Drag Attacks im VfK, wie sich die Abteilung seit fast ebenso langer Zeit nennt, sind eine der erfolgreichsten Vereinsmannschaften der Welt. Elf WM-, 21 EM- und 40 Deutsche Meistertitel haben sie bereits angehäuft. Gleich nach dem Drachenboot-Cup, den die Drag Attacks auch deshalb organisieren, um zumindest ein paar Zuschüsse für Reisen und Material zu bekommen, geht es für 53 der rund 100 Teammitglieder nach Toronto, wo vom 21. bis 24. Juli die Team-WM stattfindet. Die Wuppertaler stellen fünf Teams: Senior-Frauen und -Mix, dazu Masters (Ü40)-Damen, -Herren- und Mix.

Aus ganz Deutschland kommen die Teammitglieder inzwischen, denn dass bei den Drag Attacks ambitioniert gearbeitet wird, hat sich längst herumgesprochen. „Eine Bekannte hat mich mitgenommen, und es hat mir gleich soviel Spaß gemacht, dass ich hängengeblieben bin“, sagt Cindy Gebhardt, die früher für den Kanu-Club Witten paddelte und von dort das Gefühl für die Sportart mitgebracht hat. Im Männerboot sitzen außerdem viele ehemalige Handballer, die das „Keulen“ gewöhnt sind.

Und Keulen, muss man, um in der absoluten Weltspitze mithalten zu können. „Vier bis fünfmal pro Woche trainiert hier jeder, der in unseren Rennteams mitfährt“, erklärt Wrede. Auf mehr als 100 Paddelschläge pro Minute bringt es etwa das Männerteam in der Startphase. Die Senior-Damen schaffen in der Spitze immer noch 70 bis 80. Den Takt gibt die Trommlerin im Bug an, die Richtung die Steuerfrau oder der Steuermann im Heck. Zumindest um die Richtung muss sich also kein Paddler kümmern — da heißt es nur auf die Zähne beißen, wenn über 200 oder gar 5000 Meter die letzten Kräfte mobilisiert werden.

Während am Wochenende meist die kompletten Teams zum Wassertraining an den Stausee kommen, wird in der Woche oft nur ein Mixed-Boot zusammengestellt, um zu üben. „20 sind wir aber fast immer“, sagt Masters-Fahrerin Roswitha Poggensee, die einst über die Teilnahme am Funcup zu den Drag Attacks kam und sich dort wie in einer großen Sportlerfamilie fühlt. Der See, das schöne Clubhaus, die Gemeinschaft — da kann man in der Tat schnell heimisch werden. Und dann ist da dieses „Supergefühl“, wenn alles synchron läuft und der Drache mit bis zu 20 Stundenkilometern mit vereinten Kräften nach vorne gepeitscht wird. Von vorne erinnert das tatsächlich wie mächtige Flügelschläge — der Drache fliegt.

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