Bahnhof Schee: Gute Nachbarn an der Trasse

Die Geschichte jenes Bahnhofs, an dem die Wuppertaler vorbei kommen, wenn sie auf ihren Ausflügen ins Ruhrgebiet eines Tages durch den Tunnel Schee dürfen.

Nächstebreck/Schee. An den Augenblick, als er das erste Mal den Rottenberger Weg herunterfuhr und den Bahnhof Schee erblickte, erinnert sich Peter Ignatowitz genau. "Ich wusste gleich - das ist es", erzählt er von jenem Tag im Jahr 1983, als er von einem Freund gehört hatte, dass ein Bahnhof zum Verkauf stehe und sich spontan auf die Socken von Essen nach Sprockhövel machte, um sich den mal anzuschauen. Nach Verhandlungen mit der Bundesbahn und einem Bieterwettstreit mit einem verbliebene Mitbewerber war Ignatowitz "Bahnhofsbesitzer".

Im alten Güterschuppen baute er ein 300-Quadratmeter-Paradies für seine Familie. Im Bahnhofsgebäude entstanden innerhalb von elf Monaten sieben weitere Mietwohnungen, um die Rieseninvestition einigermaßen refinanzieren zu können. "Ich wäre fast pleite gegangen", erinnert sich der inzwischen selbstständige Vermögensberater, denn sie Sanierungskosten waren weit höher als zunächst angenommen und betrugen am Ende mit rund 1,8 Millionen Mark gut das Vierfache des Kaufpreises. Die Bundesbahn hatte das Gebäude zuletzt so herunterkommen lassen, dass praktisch jede Schieferplatte ausgetauscht werden musste.

Die Mieter gehen durch den ehemaligen Bediensteten-Eingang, der nicht nur zu den schon immer existierenden drei Wohnungen für Bahnhofsmitarbeiter, sondern auch zur Bahnhofsgaststätte führte. Dort hatte schon lange niemand mehr sein Bier getrunken, bevor sie Wohnungen Platz machte. Bis Anfang der 90er Jahre ratterte noch täglich ein einsamer Güterzug an Ignatowitz’ Badezimmerfenster vorbei. Heute hat die Natur das ehemalige Gleisfeld, auf den einst die Kohlezüge aus dem Ruhrgebiet zur Weiterfahrt Richtung Wuppertal und Sauerland zusammengestellt wurden, zurückerobert.

Jeder von Ignatowitz’ Mietern hat sich einen kleinen Garten errichtet. "Es ist eine tolle Hausgemeinschaft", schwärmt er. "Ich bin sicher kein typischer Eisenbahnfan, aber das hat doch etwas", sagt Peter Ignatowitz.

Losgelassen hat ihn die alte Strecke Schee - Hattingen nämlich auch aus einem anderen Grund nicht. Sein Maklerbüro hat er inzwischen in der ehemaligen Zeche Alte Haase eingerichtet, die ebenfalls von der Kohlenbahn bedient wurde.

Gegen eine Öffnung des Tunnels Schee für die Nordbahntrasse hat Peter Ignatowitz persönlich nichts - schon heute fahren viele Radler vor seinem Bahnhof her, zwischen dem Golfplatz und dem bestehenden Radweg. Und er könnte sich sogar vorstellen, im ehemaligen Toilettenhäuschen neben dem Bahnsteig - heute ein Abstellraum - einen kleinen Kiosk einzurichten, wenn er dafür einen Betreiber findet. Am Bahnhof selbst gibt es jedenfalls viel Platz, um den Radweg vorbei zuführen.

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