Umwelt Stadt erreicht Klimaziele für 2020

Wuppertal · Danach wird es schwerer. Auch Bürger und Industrie müssen mitziehen.

 Das 2018 abgestellte Kohlekraftwerk emittierte laut den WSW 450 000 Tonnen C0 2  im Jahr.

Das 2018 abgestellte Kohlekraftwerk emittierte laut den WSW 450 000 Tonnen C0 2 im Jahr.

Foto: Fischer, Andreas (f22)

Wuppertal wird die Klimaziele für 2020 erreichen. Davon geht Andrea Stamm, Teamleiterin Klimaschutz bei der Stadt, fest aus. Die Zahlen würden gerade ausgewertet. Damit würde Wuppertal schaffen, was die Bundesebene verfehlt – die Reduktion von CO2 um 40 Prozent gegenüber 1990.

2017 wurden laut der Ingenieurgesellschaft GerTec, die die Klimaberechnungen für die Stadt macht, circa drei Millionen Tonnen CO2 emittiert. Bis 2017 hatte die Stadt die Emissionen damit schon um 37 Prozent gedrosselt – durch die Abstellung des Heizkraftwerks Kabelstraße sollen die 40 Prozent locker erreicht sein. Denn das 2018 abgestellte Kohlekraftwerk emittierte laut WSW 450 000 Tonnen C02 im Jahr.

Aber danach würde die weitere Reduktion erst richtig schwer, sagt Andrea Stamm. Denn die Stadt hat gar nicht so viel Einfluss auf viele CO2-Verursacher – und ist selbst nur für zwei Prozent der Emissionen verantwortlich.

Die Hauptemittenten in Wuppertal sind private Haushalte (31 Prozent), die Industrie (28 Prozent), Verkehr (21 Prozent) und Gewerbe, Handel, Dienstleistung (20 Prozent) – wobei die städtischen Gebäude einberechnet sind.

Klimamanager sollen Überzeugungsarbeit leisten

Die Stadt arbeitet am neuen Klimaschutzbericht, an einem zusammenhängen Klimaschutzprogramm. Denn bisher fehlt das. Die Stadt benennt Handlungsfelder und Maßnahmen und vor allem eine Kommunikationsstrategie – um Bürger und Industrie zum Mitmachen aufzufordern.

Andrea Stamm hofft vor allem deswegen, dass neben den zwei festen Stellen und zwei Projektstellen noch vier bis fünf Klimamanager eingestellt werden, die helfen, die Überzeugungsarbeit zu leisten. Immerhin geht es an die Gewohnheiten der Menschen: Heizen, Essen, Kleidung, Urlaub und Verkehr.

Auf den Faktor Verkehr hat die Stadt den größten Einfluss. Sie kann mehr für den Radverkehr tun, Autofahren teurer, weniger attraktiv machen – etwa durch höhere Parkgebühren, mehr Radstreifen. „Das muss im politischen Raum diskutiert werden“, sagt Stamm.

Im Prinzip arbeitet die Stadt daran: Die Stadt hat schon mehr Geld für den Radverkehr eingeplant, arbeitet an der Umsetzung des Radverkehrskonzepts, Grüne und CDU wollen höhere Parkgebühren. Aber insgesamt sind die Zahlen nicht ausgeglichen: Allein für den Straßenerhalt stehen 5,6 Millionen zur Verfügung - für den Radverkehr laut Plan künftig 400 000 Euro.

Auch in Sachen Industrie kann die Stadt wenig machen. Kämmerer Johannes Slawig sagt, er könne weder steuerliche Anreize schaffen, noch Betriebe abstrafen. Laut IHK sind zumindest schon 137 Bergische Unternehmen in einem Klimaprojekt vernetzt – „allein die elf Unternehmen, die sich an der letzten Runde beteiligt haben, haben 779 Tonnen CO2-Emissionen eingespart“, sagt Sprecher Thomas Wängler.

Der Einfluss auf die Klimabilanz ist für die Stadt sehr gering

Stamm sagt dagegen, es sei teilweise schon schwer mit der Industrie zusammenzukommen. Die, die schon auf EU-Ebene CO2-Abgaben zahlten, seien schwer für kommunale Belange zu gewinnen.

Aber letztlich sei der Einfluss der Stadt auf die Klimabilanz gering, so Stamm. Den meisten Einfluss hätte der Bund. Die Stadt fordert eine höhere CO2-Einpreisung und die Verteilung der Mittel daraus an die Kommunen. Weil eben auch die Mittel hier begrenzt sind.

Laut Kämmerer Johannes Slawig hat die Stadt für 2019 fast drei Millionen Euro für Klima-bezogene Projekte eingeplant, für 2020 sind es 6,3 Millionen. „Klimaschutz wird viel Geld kosten, aber keiner weiß, wie viel“, sagt er.

Anja Bierwirth, Co-Leiterin des Forschungsbereichs Stadtwandel beim Wuppertal Institut, sagt, um die Klimaziele langfristig zu erreichen, müsse man mehr tun. Es gehe nicht nur darum, was der Einzelne tun, sondern auch darum, wie die Stadt unterstützen könne. Beispiel Radverkehr: Es reiche nicht zum Radfahren aufzufordern, sondern die Stadt müsse auch Infrastruktur schaffen. Auch auf Kosten der Autofahrer. Denn bisher sei der CO2-Wert des Individualverkehrs seit 1990 nicht gesunken.

Dass die Stadt etwa durch den Wegfall des Kraftwerks Kabelstraße die Ziele für 2020 erreiche, danach aber Probleme sieht, vergleicht sie mit einer Diät: Die erste Pfunde purzeln schnell, danach wird es harte Arbeit. „Schwierig wird es, wenn ich an die Menschen ran muss“, sagt sie. Weil viele sich um ihre Privilegien sorgten. Dabei müsse Wandel kein Opfer bedeuten. Und könne auch zu mehr Gerechtigkeit führen – etwa wenn Menschen, die in Wuppertal an Hauptverkehrsstraßen leben, bessere Luft und mehr Ruhe haben.

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