Interview Sportdirektor Thomas Richter spricht Klartext zum WSV

Wuppertal · Der neue Sportdirektor des WSV fordert neue Strukturen im Verein - und lobt Friedhelm Runge.

 Sportdirektor Thomas Richter analysiert die Lage des WSV kritisch, glaubt aber an eine Zukunft.

Sportdirektor Thomas Richter analysiert die Lage des WSV kritisch, glaubt aber an eine Zukunft.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Sie sind seit fünf Wochen ehrenamtlicher Sportdirektor beim WSV. Wie viel Spaß macht die Arbeit?

Thomas Richter: Die Arbeit macht großen Spaß, auch wenn das letzte Spiel gegen Rödinghausen für uns alle ein bisschen enttäuschend war. Trainerteam und Spieler sind sehr motiviert bei der Sache und haben den absoluten Willen, die Liga zu halten.

Alexander Eichner hat Sie im Januar zurückgeholt, jetzt hat er seinen Rücktritt zum 29. Februar erklärt, wie haben Sie das aufgenommen?

Richter: Es war immer die Spekulation ob hin oder her. Ich hätte es mir anders gewünscht, nämlich im Zuge einer kontinuierlichen Entwicklung und mit dem Finden von Lösungen für die aktuellen wirtschaftlichen Probleme. Ich denke, dass sich Alexander Eichner, seit er wieder hier war, unglaublich für den Verein engagiert hat und auch viel versucht hat, letztendlich ist es so, dass er eine Entscheidung für sich getroffen hat und die gilt es zu akzeptieren. Ich finde den Zeitpunkt etwas unglücklich jetzt in einer Phase, wo es auch sportlich darum geht, Punkte zu sammeln und Ruhe in den Verein zu bekommen.

Sie sind auch in Gespräche über die Zukunft des Vereins involviert. Wie zuversichtlich sind Sie, dass sich daraus eine Perspektive über die Saison hinaus eröffnet?

Richter: Ich habe jetzt vier oder fünf Wochen Zeit gehabt, mir die Situation anzuschauen. Es sind ganz viele Dinge im Verein, die aus meiner Sicht nicht optimal funktionieren. Das sind Kommunikationswege untereinander, das ist die Tatsache, dass interne Informationen immer wieder nach außen dringen. Ich bin mir sicher, dass das nicht der Weg sein kann. Ja, ich bin verhalten optimistisch, dass Lösungen gefunden werden können. Das bedingt aber eine völlige Neustrukturierung des Vereins mit Gremien, auf die man sich verlassen kann - und Vertrauen untereinander. Auch da bewegen wir uns in den Gesprächen in eine Richtung, die mich zuversichtlich stimmt.

Welche Rolle spielt dabei Friedhelm Runge?

Richter: Friedhelm Runge ist jemand, der eine lange Verbindung mit dem WSV hat. Er war lange Präsident, ist 2013 ausgeschieden und hätte aus meiner Sicht allen Grund, wenn irgendjemand vom WSV auf ihn zukommt, ihn vom Hof zu jagen. Tut er aber nicht. Er hilft, wo er helfen kann. Und allein aus dem Grund müsste man ihm fast ein Denkmal bauen. Dass er den Verein in dieser Situation nicht im Regen stehen lässt, sondern immer noch bereit ist, ein offenes Ohr zu haben und Unterstützung anzubieten, ist im Moment eine Konstellation, für die wir uns glücklich schätzen können.

Sie waren erster Trainer unter WSV 2.0 in der Nach-Runge-Ära, jetzt bauen Sie wieder auf ihn. Ein Widerspruch?

Richter: Nein. Ich kenne Friedhelm Runge lange, lange Zeit. Die Sache ist die, dass die Nach-Runge-Ära mit 2.0 unter einer bestimmten Voraussetzung angegangen wurde. Das Problem war nur, dass diese Voraussetzung, die wir uns mit 2.0 auf die Fahne geschrieben hatten, zwei oder drei Jahre später ad absurdum geführt wurde. Da kommen wir zu dem Punkt, wenn wir über Vergangenheitsbewältigung reden. Dann müssen wir auch darüber reden, dass Alexander Eichner vor einem Jahr mit Melanie Drees zusammen - die im übrigen aus meiner Sicht einen richtig guten Job macht, die wirklich penibel darauf achtet, dass vertraglich und finanziell alles in Ordnung ist - in eine Situation gekommen sind, wo die Karre schon fast an die Wand gefahren war. Es ist für mich völlig unverständlich, dass die Personen, die das zu verantworten haben, und das sind nicht Alexander Eichner und schon gar nicht Melanie Drees, nicht in irgendeiner Weise Verantwortung übernehmen. Was bei mir angekommen ist in den letzten Jahren, dass keiner von irgendwas wusste, dass jeder die Schuld dem anderen zuschiebt. Und das finde ich erbärmlich. Der WSV steht da, wo er jetzt steht, aus diesen Gründen. Wie die Konstellation genau zustande gekommen ist, welche Konstrukte da genau zusammengebaut wurden, entzieht sich meiner Kenntnis, aber keiner kann sagen, ich habe damit nichts zu tun, der in den letzten paar Jahren in diesem Verein in verantwortlichen Positionen war und es mit verantwortet hat. Ich unterstelle keinem etwas Schlechtes. Alle haben einen Plan gehabt, alle wollten möglicherweise, dass der WSV in die dritte Liga aufsteigt. Aber Fakt ist, wir stehen mit 1,4 Millionen Euro in der Kreide und dafür gibt es Gründe. Das ist Vergangenheitsbewältigung. Womit wir uns jetzt in erster Linie beschäftigen sollten, ist, wie finden wir Lösungsoptionen, wie kommen wir zu einer vernünftigen Außendarstellung, wie ziehen wir wieder die Zuschauer ins Stadion. Nämlich durch glaubwürdige, seriöse Arbeit, leidenschaftlichen Fußball, aber auch eine ganz klare Struktur im Verein. Wenn wir das nicht hinkriegen, wird es nicht funktionieren.

Der März wird mit Spielen gegen direkte Konkurrenten besonders wichtig im Abstiegskampf. Wie sehen Sie die Mannschaft dafür aufgestellt?

Richter: Wir haben jetzt ein paar Verletzungssorgen gehabt. Die Jungs werden zurückkommen, ich hoffe, auch die länger Verletzten, und dann wird es in der Tat so sein, dass wir Ende März eine Tendenz haben. Wir haben alle Möglichkeiten, die nötigen Punkte zu sammeln. Natürlich ist es eine sportlich brisante Situation, aber auch eine, die machbar ist.

Wann glauben Sie, können Sie mit den Spielern über die Zukunft sprechen?

Richter: Das kann ich nicht absehen. Ich hoffe, dass jetzt eine Entwicklung einkehrt im Verein, die es alsbald möglich macht, dass wir über die Saison hinaus planen können.

Sind Spieler bereits von anderen Vereinen angesprochen worden?

Richter: Das weiß ich nicht. Klar, wir müssen Punkte sammeln, das heißt, die Jungs müssen Leistung abrufen auf dem Platz, und es ist bekannt, dass jemand, der kontinuierlich gute Leistung bringt, sich für andere Vereine interessant macht. Aber wenn wir das intern hinkriegen und konkrete Angebote machen können, werden sofort die Gespräche - erst mit den Trainern und dann mit unseren Spielern - geführt.

(gh)
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