Spitzenbahn für eine Spitzenstadt

Der Ballungsraum zur einst sechstgrößten Stadt des Kaiserreichs verlangte nach mehr Verkehrswegen und erhielt das fortschrittlichste Verkehrsmittel.

Wuppertal. Als Kaiser Wilhelm II. am 24. Oktober 1900 mit dem brand- und weltneuen Verkehrsmittel durch das Tal der Wupper schwebte, waren alle Haltestellen des Streckenteils fertig — gut drei Monate vor der offiziellen Eröffnung.

Spitzenbahn für eine Spitzenstadt
Foto: Stefan Fries

Man hätte es sich wohl auch kaum erlauben können, den Monarchen einsteigen zu lassen, wenn die Bahn nicht bereits voll funktionstüchtig gewesen wäre.

Gut, ein paar Sitzbänke an einigen Bahnhöfen sollen noch gefehlt haben, als seine Majestät vorbeischwebte. Aber bei der gelungenen Premiere der Schwebebahn fiel das wohl kaum ins Gewicht, und die Zentren an der Wupper waren wieder einmal Spitze.

Diesmal in Sachen Verkehr - Weltspitze war man als wichtigster kontinentaler Wirtschaftsstandort der Textilindustrie ohnehin schon. „Barmer Artikel, Litzen, Kordeln und Bänder“ hatten nicht nur in Westeuropa einen ausgezeichneten Ruf.

Elberfeld und Barmen zählten im Jahr 1880 weit mehr als 180 000 Einwohner: Hätte man sich damals schon zusammengeschlossen, wäre es die sechstgrößte Stadt im Deutschen Reich gewesen — nach Berlin, Hamburg, Breslau, München und Dresden.

Als der Ballungsraum durch den regen Handel und mit gleich zwei Eisenbahngesellschaften Ende des 19. Jahrhunderts auch noch zum Verkehrsknotenpunkt geworden war, da lagen Pläne für das einmalige Transportmittel Schwebebahn längst auf dem Tisch. Das System des findigen Kölner Konstrukteurs und Unternehmers Eugen Langen wurde von Rittershausen über Barmen und Elberfeld nach Vohwinkel umgesetzt ab 1896, als die Maschinenbau AG Nürnberg von der Elektrizität AG mit der Herstellung des gesamten eisernen Tragwerks für die rund 13,3 Kilometer lange Schwebebahnanlage beauftragt worden war. Im Juni 1898 begann die Aufstellung der Probestrecke Varresbeck-Zoo.

Während der Bauzeit hatte die Wupper niedrige Wasserstände, so dass die Firmen feste Gerüste für die Montage verwenden konnten — „bereits Ende August war diese 590 m lange Konstruktion aufgebaut, so dass schon im September 1898 die ersten beiden Schwebebahnwagen an das fertig gestellte Tragwerk angehangen werden konnten. Die ersten Fahrversuche mit dem Einzelwagen und dem Zweiwagenzug der Bauart 1898 wurden mit Beginn des Jahres 1899 auf der Probestrecke durchgeführt. Bei Versuchsfahrten im Sommer 1899 erreichte man eine Geschwindigkeit bis zu 50 km/h.“ So steht es zu lesen im Buch der WSW: „Die Wuppertaler Schwebebahn“ aus dem Jahr 1990.

Am 24. Oktober 1900 war der Streckenabschnitt Varresbeck-Vohwinkel betriebsbereit — der gesamte Abschnitt wurde am 24. Mai 1901 für den Fahrgastverkehr freigegeben.

Für die Strecke wurden insgesamt 18 Haltestellen und die beiden Endhaltestellen in Oberbarmen und Vohwinkel geplant. „Über einen Grundriss von circa 13 Metern Breite und 25 Meter Länge charakterisieren drei Dachformen die äußere Gestalt der unterschiedlichen Bahnhofstypen“, heißt es in der WSW-Veröffentlichung weiter.

Das Vorwort zur zweiten Auflage schrieb Jürgen Eschmann, langjähriger Unternehmenssprecher und Schwebebahnexperte. Er verbindet mit der Schwebebahn Begegnungen und Erlebnisse aus vielen Jahrzehnten. Auf den folgenden Seiten (die Seiten Elberfeld und Barmen) erinnert sich der Cronenberger an die Zeiten vor und während des Umbaus und verrät, welche der Haltestellen seine Lieblings-Schwebebahnstation ist.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort