Interview „Unsere Stadt hat ganz viele Potenziale“

Wuppertal · Der Parteivorsitzende der SPD Wuppertal, Servet Köksal, war zu Gast im WZ-Studio und sprach unter anderem über das Verhältnis zur CDU und die Mauer am Döppersberg.

 Servet Köksal (l.), Parteivorsitzender der Wuppertaler SPD, im Gespräch mit Andreas Boller, Leiter der Lokalredaktion Wuppertal.

Servet Köksal (l.), Parteivorsitzender der Wuppertaler SPD, im Gespräch mit Andreas Boller, Leiter der Lokalredaktion Wuppertal.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Was haben Sie in dem Moment gedacht, als Sie gehört haben, dass die Schwebebahn ein Jahr lang nur noch an Wochenenden fährt?

Servet Köksal: Das ist etwas sehr Ärgerliches, das tut der Seele unserer Stadt weh.

Ihre persönliche Empfindung? Ärger? Enttäuschung? Trauer?

Köksal: Das ist ein ganz wichtiges Verkehrsmittel für unsere Stadt und auch ein Wahrzeichen unserer Stadt, deshalb ist jeder Ausfall der Schwebebahn bitter.

Kurz danach kam von der CDU Wuppertal die Forderung nach einem Sonderausschuss, der das alles aufklärt und Verantwortliche benennt. Was haben Sie gedacht, als Sie das gehört haben?

Köksal: Mit einer Aufklärung sind wir d’accord, das ist selbstverständlich erforderlich und genau das wird ja auch aktuell unternommen. Es ist die Frage, ob ein Sonderausschuss erforderlich ist. Ich denke nicht. Es gibt bereits einen Ausschuss für Finanz- und Beteiligungssteuerung, in dem auch dieses Thema behandelt werden kann. Als eine Option könnte ich mir auch eine Sondersitzung dieses Ausschusses vorstellen.

Bei Ihrer Entgegnung auf die Pressemitteilung der CDU schwang mit, dass da Wahlkampf mit einem Thema gemacht wird, das vielleicht gar nicht in den Wahlkampf gehört. Wenn die Schwebebahn in Wuppertal nicht fährt, ist das nicht ein Thema, das man im Wahlkampf behandeln müsste? Was soll sonst noch in Wuppertal passieren, damit es zum Wahlkampfthema wird?

Köksal: In unserer Stadt laufen zum Glück sehr, sehr viele gute Projekte, es gibt sehr viele gute Themen, die es wert sind, behandelt zu werden. Ich fände es schade, wenn wir bei dieser wichtigen Weichenstellung im September den Fokus auf ein ärgerliches Thema setzen und nur das im Blickfeld behalten.

Wie weit ist da überhaupt Aufklärung möglich? Es geht zwischen den Stadtwerken und dem Hersteller ja auch um Vertragsinhalte, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Da geht es um Schadensersatzforderungen – inwieweit kann die Politik da bei der Aufklärung überhaupt helfen? Oder ist die Politik nur Zuschauer?

Köksal: Die Politik ist da nicht nur Zuschauer. Es gibt einen Aufsichtsrat, in dem fast alle demokratischen Parteien vertreten sind. Dessen Aufgabe ist genau das: die operative Führung des Unternehmens zu beaufsichtigen und ein Controlling durchzuführen. Nach meinem Wissen ist genau das aktuell auch der Fall, der Aufsichtsrat beschäftigt sich sehr intensiv mit diesem Thema und hat ein Interesse an der Aufklärung dieser Pannenserie, vor allem auch an der Schlussfolgerung, was getan werden muss, damit die Schwebebahn ein für alle mal sicher fährt.

Der Vorwurf geht zum Teil an den Aufsichtsratsvorsitzenden Dietmar Bell (SPD).

Köksal: Was die CDU im Einzelnen meint, kann ich nicht sagen. Letzte Woche war Herr Köster (CDU, Anm. d. Red.) im WZ-Studio, und man konnte deutlich heraushören, dass er versuchte, dieses Thema in eine politische Richtung zu lenken. Das halte ich für falsch. Das ist inhaltlich nicht richtig und bringt uns auch gar nicht nach vorne, weil in diesem Gremium alle Mitglieder das Recht haben, Fragen zu stellen, Kritik zu äußern und entsprechende Antworten zu verlangen. Wenn man in Richtung des Aufsichtsrates etwas anzukreiden hat, müsste auch die Frage beantwortet werden, wie die Rolle der CDU an der Stelle ist.

Wir hatten ja einige Punkte, die die Wuppertaler aufgeregt haben: die Schwebebahn, die Mauer am Döppersberg und der AWG-Neubau. Besteht nicht die Gefahr, dass man von aktuellen Themen gehetzt wird und dass dann solche zentralen Themen im politischen Alltag untergehen? Müsste es nicht eine öffentliche Debatte geben?

Köksal: Die Öffentlichkeit kann durchaus am öffentlichen Teil des Finanzausschusses teilnehmen. Ich fände es aber sehr schade, wenn wir im Wahlkampf diese drei sehr ärgerlichen Themen dafür nutzen, um zu sagen, dass in unserer Stadt gar nichts mehr läuft. Das ist nicht richtig. Wir haben viele wichtige Erfolge, beispielsweise auch beim Thema Döppersberg, der mittlerweile ein richtig schönes Entrée für unsere Stadt ist.

Deshalb ist es so schade, dass es dort mit der Mauer hakt.

Köksal: Trotzdem ist der Döppersberg ein sehr schönes Eingangstor für unsere Stadt, das nicht weggeredet werden kann. Wenn Gäste zu Besuch kommen, die vor dem Umbau kein besonders positives Wort dafür übrig hatten, sagen sie: Das habt ihr toll hinbekommen. Das ist eine Leistung. Daran, dass bei einem Großprojekt wie dem Döppersberg auch Fehler passieren, abzuleiten, dass in unserer Stadt nichts mehr funktioniert, damit würden wir dem gesamten Engagement der Beteiligten nicht gerecht werden.

Glauben Sie, dass die Idee einer begrünten Mauer Zukunft hat?

Köksal: Ich kann mir verschiedene Optionen vorstellen. Fraglich ist jetzt, was zur Schadensbeseitigung erforderlich ist.

Herr Köster hat zwar keine Namen genannt, aber Oberbürgermeister Andreas Mucke ins Auge gefasst. Wenn das nicht das Thema ist, was könnte dann das bestimmende Thema im OB-Wahlkampf sein, die Kleine Höhe?

Köksal: Unsere Stadt hat ganz viele Potenziale. Wie werden diese Potenziale entwickelt? Wie sieht die Zukunft Wuppertals in den nächsten fünf, zehn Jahren aus? Darauf haben die Parteien unterschiedliche Antworten. Um diese Antworten sollte es gehen. Wir haben über 300 Millionen Euro in den Bereich Bildung investiert. Wir haben mehr als 1300 Kita-Plätze und 1200 OGS-Plätze geschaffen. Wir haben die sechste Gesamtschule gebaut und haben den Grundsatzbeschluss gefasst, dass die siebte gebaut werden soll. Zehn Wasserstoffbusse sind in Wuppertal im Linienverkehr im Einsatz, deren Treibstoff oben auf Korzert im Heizkraftwerk hergestellt wird. Damit sind wir bundesweit in einer Vorreiterrolle. Wir haben auch eine Vorreiterrolle beim Thema Green City-Plan.

Aus Ihren Antworten kann ich nicht entnehmen, dass Sie künftige Wahlbündnisse mit anderen Parteien ausschließen. Das sind ja inhaltlich Punkte, die CDU und Grüne durchaus auch vertreten könnten.

Köksal: Da muss ich Ihnen ein Stück weit widersprechen. Das haben wir beim Thema sozialer Wohnungsbau gemerkt, zuletzt in mehreren Antragspunkten in der Ratssitzung, wie unterschiedlich die Parteien da herangehen. Beim Thema Gewerbeflächenentwicklung ist unser Ansatz, dass wir die soziale Gerechtigkeit, die ökologische Perspektive und die wirtschaftliche Perspektive in Einklang bringen möchten. Ich glaube, es gibt sehr viele große Unterschiede, die man bis zur Kommunalwahl am 13. September sehr gut thematisieren kann.

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