Sonderausstellung in der Kunsthalle Barmen öffnet am Freitag : Jetzt beginnt das Engels-Jahr endlich auch für das Publikum
200 Jahre ist es alt und doch bestens erhalten: Das Taufkleid von Friedrich Engels empfängt den Ausstellungsbesucher. Zu Füßen des wertvollen Exponats liegt ein kleines Armband, dessen Glieder Kinderhaare der bekannten Barmer Familie bergen.
Zwei Highlights der Sonderausstellung „Friedrich Engels – ein Gespenst geht um in Europa“, die am heutigen Freitag in der Kunsthalle Barmen nun doch noch ihre Türen öffnen kann.
Lars Bluma ist Leiter des Historischen Zentrums und Kurator der Ausstellung. Nach schweren Wochen, die die Coronakrise „bescherte“, ist er nun sehr glücklich und erklärt den Aufbau der „bio-topologischen“ Schau, die bewusst die Biografie mit Orten verbindet. Über Leben, Werk und Wort des Revolutionärs die Geschichte Europas im 19. Jahrhunderts erzählt. „Wir legen Engels frei, stellen seine durchaus widersprüchliche historische Persönlichkeit dar, nicht die Geschichte des Marxismus.“
Es geht nicht um die
Geschichte des Marxismus
Diese Geschichte wird auf die fünf Räume in dem herrschaftlichen Gebäude am Geschwister-Scholl-Platz verteilt, beginnt mit der Geburt (Raum 1, 1820 bis 1838), geht über Lern-Jahre in Bremen und Berlin sowie den ersten Manchester-Aufenthalt (Raum 2, bis 1845), die revolutionären Jahre (Raum 3, bis 1850), Jahre im Familienunternehmen in Manchester (Raum 4, bis 1870) bis hin zum Leben des Pensionärs, das 1895 in London endet (Raum 5). Die Raumfarben sind auf das jeweilige Geschehen abgestimmt. Sind mal revolutionärrot, mal dunkelgrau wie das Arbeiterelend im frühindustriellen Manchester. Jeder Raum ist einem Zitat von Engels gewidmet, zeigt ihn im Netzwerk der jeweiligen Zeit, zeigt mittels Schwarz-Weiß-Aufnahmen die trostlosen Seiten des Lebens der Menschen damals.
Über 300 Exponate – viele Schriften, Modelle, Gegenstände des Alltags, Ölbilder und immer wieder Fotos – das Medium, das im 19. Jahrhundert seinen Durchbruch erlebte – wurden zusammengetragen. „Ganz viele Lieblingsstücke“ seien darunter, erzählt Kuratorin Heike Ising-Alms, man hätte weitaus mehr ausstellen können als die 350 Quadratmeter in der Kunsthalle erlauben. Eine enorme Unterstützung habe man erfahren. Von der Familie Engels, der Manchester Library, von Sammlern, vom International Institute of Social History Amsterdam. Das Historische Institut verfüge über einen eigenen umfangreichen Bestand, in dem so manches Schätzchen entdeckt wurde. Und das Team kaufte selbst ein, machte dabei so manches „Schnäppchen“, ein kleines Mäppchen der Firma Ermen & Engels etwa, das sicher verpackt aus Indien „angereist“ kam.
Diese Schau ist kleinteilig, mit viel Präzision und Liebe zum Detail entstanden. Sie birgt Entdeckungen, die freilich nur machen kann, wer genau hinsieht. Etwa „Cola di Rienzi“, das fragmentarische Drama, das Engels in jungen Jahren in ordentlicher Schrift verfasste, dazwischen Zeichnungen aus der eigenen Feder setzte. Oder das schwarze Geburtshaus, das Bestandteil eines Modells ist, das die städtebauliche Situation zur Zeit von Engels nachstellt. Dort, wo heute die B7 Oper, Engelsgarten und Engelshaus von der Wupper trennt.