Solidarität in der Corona-Krise Mitarbeiter übernachten freiwillig in Wuppertaler Pflegeheim

Wuppertal · Das Personal des Franziskushauses in Wuppertal will seine Bewohner schützen - deswegen greifen die Mitarbeiter zu ungewöhnlichen Maßnahmen.

Das Personal bleibt auch nachts bei den Bewohnern der Troxler-Haus Wohnsiedlung. So soll das Coronavirus draußen bleiben.

Das Personal bleibt auch nachts bei den Bewohnern der Troxler-Haus Wohnsiedlung. So soll das Coronavirus draußen bleiben.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Die Corona-Pandemie hat in den Alten- und Pflegeeinrichtungen der Stadt zu einer Vielzahl von Sicherheitsmaßnahmen geführt. Einen ganz konsequenten Weg geht dabei das Franziskus-Haus des Trägervereins Troxler Haus. Die rund 30 Mitarbeiter haben sich darauf verständigt, in zwei Schicht-Teams für jeweils eine Woche in dem Pflegeheim zu übernachten, um das Risiko der 20 Bewohner mit Behinderung möglichst gering zu halten. Christine Böll aus dem Vereinsvorstand betont: „Das war eine freiwillige Aktion. Wir haben keinen Druck ausgeübt.“

Die Mitarbeiter schlafen notdürftig auf Luftmatratzen in den derzeit ungenutzten Räumen der Tagesbetreuung. „Sie verlassen das Haus nicht einmal zum Einkaufen. Das übernehmen einzelne Kollegen, die bei dem neuen System aus familiären Gründen nicht mitmachen konnten“, sagt Böll. Man sei mit dem Experiment jetzt in der dritten Woche und die Stimmung sei noch gut. Von außen rein darf - wie in allen Alten- und Pflegeheimen - niemand mehr. „Die Mitarbeiter haben sogar selbst den Putzdienst übernommen.“

In den Wuppertaler Altenheimen, die zum größten Teil von den Trägern Caritas, Diakonie und Stadt betrieben werden, gelten seit einigen Tagen strikte Regeln. So sind alle Gemeinschaftsveranstaltungen wie Sing- und Spielnachmittage abgesagt worden, alle Mitarbeiter tragen Atemmasken. Die Stadt hat in fünf ihrer sieben Häuser, die noch keine Pförtner hatten, Personal aus einem städtischen Reservepool eingesetzt. Dort kontrollieren nun beispielsweise Bademeister die Eingänge. Das ist wichtig, denn externe Personen haben keinen Zutritt mehr. Susanne Bossy, Sprecherin der Caritas, sagt: „Wir lassen niemanden mehr ins Haus: keinen Friseur, Physiotherapeuten nur in dringenden Notfällen.“ Stadtsprecherin Martina Eckermann berichtet: „Ausnahmen gibt es auch, wenn Angehörige eine Person besuchen möchten, die im Sterben liegt.“ Dann betreten die Besucher das Haus mit Schutzausrüstung.

Gemeinsames Essen in den Wohngruppen umstritten

Die Besucher haben innerhalb ihrer Wohnbereiche allerdings noch Kontakt zueinander - etwa beim gemeinsamen Essen. Von der Stadt heißt es, dass das Essen „möglichst in den eigenen Zimmern eingenommen werden soll“. Doch Sprecherin Martina Eckermann betont, dass gerade Demenzkranke einen hohen Bewegungsdrang haben. Caritas und Diakonie dulden das gemeinsame Essen innerhalb der Wohngruppen.

Das findet Christof Henn bedenklich. Seine Schwiegermutter wohnt im Augustinus-Stift Ostersiepen und leidet an einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) und gehört damit zur Corona-Risikogruppe. Er sagt: „Wir waren überrascht, als wir erfahren haben, dass die Bewohner zusammen im Wohnbereich essen. Das besorgt uns in der jetzigen Situation schon.“ In einem Wohnbereich der Caritas leben jeweils rund 30 Menschen.

Bislang sind vier Corona-Infektionen in Wuppertaler Pflegeheimen nachgewiesen. Erst am Donnerstag erkrankte eine Bewohnerin im Augustinusstift. Noch ist unklar, ob sie Kontakt zu der infizierten Ordensschwester hatte, die in der Einrichtung arbeitete. Ihre drei Mitbewohnerinnen kamen nach Anordnung des Ordnungsamtes ebenso in Quarantäne wie eine weitere Mitarbeitern, die engen Kontakt mit der Infizierten hatte. Die Caritas hatte zunächst mitgeteilt, dass sich 20 Mitarbeiter in Quarantäne begeben hätten. Auf Nachfrage der WZ räumte die Caritas allerdings ein, dass 19 der 20 Mitarbeiter, die Kontakt zu der Infizierten hatten, in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt weiter pflegten. Bossy erläutert: „Diese Mitarbeiter kommen zwar noch zur Arbeit, haben sich aber freiwillig in private Isolation begeben und bleiben ansonsten zu Hause.“

Im Paul-Hanisch-Haus erkrankte ein Bewohner mit Vorerkrankung an Covid-19 und verstarb. Wie sich der Mann anstecken konnte, bleibt laut Bossy ungeklärt. Weitere Menschen sind in dem Haus zumindest nicht nachgewiesen erkrankt. Laut Bossy wurde im Nachgang bei allen 31 Personen des Wohnbereichs und den Mitarbeitern alle sechs Stunden das Fieber gemessen - ohne weitere Auffälligkeiten. Corona-Tests wurden laut Bossy nicht durchgeführt.

In einem weiteren Fall kam eine Bewohnerin mit Krankheitssymptomen aus einem städtischen Altenheim ins Krankenhaus und wurde dort positiv auf Corona getestet. Sie war auf der Intensivstation, ist aber inzwischen laut Eckermann auf dem Weg der Besserung.

Wie Cornelia-Maria Schott, Geschäftsführerin der Diakonischen Altenhilfe, berichtet, blieben die acht Diakonie-Einrichtungen bislang von Corona-Infektionen verschont. Nach einem Verdachtsfall im Heim an der Kasinostraße seien 20 Bewohner negativ getestet worden.

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