ÖPNV in Wuppertal So sollen mehr Wuppertaler in Bus und Bahn steigen

Hamm und Paderborn setzen erste Ideen um. Was kommt in Wuppertal? Die Grünen fordern das Bürgerticket. Die SPD will Gratis-Fahrten für Jugendliche einführen.

 Das Modell, den ÖPNV über die Gewinne aus Strom und Gas zu finanzieren, wird zurzeit vom Europäischen Gerichtshof geprüft.

Das Modell, den ÖPNV über die Gewinne aus Strom und Gas zu finanzieren, wird zurzeit vom Europäischen Gerichtshof geprüft.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Bei der kommenden Kommunalwahl im September dürfte auch das Thema Verkehr weit oben in den Wahlprogrammen stehen. Das Schlagwort Verkehrswende geistert permanent durch den politischen Raum, aber mit Leben gefüllt ist es in Wuppertal noch nicht.

Beim städtischen Verkehr liegt der Anteil der Autofahrten bei rund 60 Prozent, der ÖPNV liegt bei etwa 25 Prozent, Fußgänger bei 15 Prozent, Radfahrer bei 1,5 Prozent. Wobei man davon ausgeht, dass sich das seit der jüngsten Statistik insgesamt etwas zugunsten des Radverkehrs verschoben hat. Allerdings hat es zum Ende des Jahres auch mehr Autos als zuvor gegeben - mehr als 201 000 Autos waren Ende 2019 zugelassen. Eine reelle Abnahme des motorisierten Individualverkehrs  kann damit quasi ausgeschlossen werden. Entscheidende Projekte, die aufzeigen, wie man davon wegkommt, gibt es bisher in Wuppertal nicht. Andere Städte sind da weiter.

Paderborn hat zum Beispiel jetzt beschlossen, den ÖPNV ab August 2020 am ersten Samstag im Monat kostenfrei zu machen. Das ganze soll ein Modellprojekt über zwei Jahre sein, das gutachterlich begleitet wird. Auch die Belegung der Parkhäuser soll währenddessen beobachtet werden, um den Effekt auf den Individualverkehr zu kontrollieren. Die Maßnahmen sollen durch Fördermittel oder aus dem städtischen Haushalt bestritten werden.

In Hamm hat der Stadtrat beschlossen, den ÖPNV für alle Kinder und Jugendlichen kostenfrei anzubieten - ab 2023. Die Stadtwerke sollen die Mindereinnahmen von 900 000 Euro ausgleichen, insofern das Land weiter die Fahrtkosten von 2,8 Millionen Euro trägt. In Hamm sollen 30 000 junge Menschen betroffen sein.

In Wuppertal gibt es alleine 24 000 Abokunden des Schokotickets. Auch gab es zwar ein Konzept zum Solidarischen Bürgerticket, aber das  kam von einer Initiative und ihr ist bisher keine politische Entscheidung gefolgt. Andere Ideen gab es soweit nicht. Das dürfte sich zur Kommunalwahl ändern.

Mehr Geld
für den ÖPNV

Die Grünen, die am Wochenende ihr Wahlprogramm beschließen wollen, kündigen an, nach positivem Mitgliedervotum beim VRR einen Modellversuch auf eine Umsetzung des solidarischen Bürgertickets beantragen zu wollen. Das Modell der Bürgerinitiative sieht vor, dass mehr oder weniger alle Wuppertaler einen Beitrag zahlen und dann den ÖPNV ohne weiteres Ticket nutzen können. Die Stadtwerke sollen so mehr Geld einnehmen, der ÖPNV gestärkt, die Straßen leerer werden.

Anja Liebert, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen, kritisiert, dass in Wuppertal vergleichsweise wenig in Sachen Verkehrswende und Luftsauberkeit passiere. Die Grenzwerte gingen kaum runter, andere Städte seien viel besser aufgestellt.

Liebert sagt, die genaue Umsetzung sei noch unklar. Wenn die reine Abgabe etwa nicht möglich sei, könne man das Ticket auch zur Bedingung für kostenfreies Parken in den Quartieren machen. So würde Autofahren für die teurer, die nicht zum ÖPNV beitragen wollten.

Liebert sähe damit auch die Finanzierungslage des ÖPNV verbessert. Statt eines Minus von rund 50 Millionen Euro, die die Stadtwerke für den ÖPNV aufwenden müssen, sollen so bis zu 50 Millionen Euro Plus erwirtschaftet werden. Die könnten für eine Verbesserung des ÖPNV ausgegeben werden.

Hans-Jörg Herhausen von der CDU gibt sich weniger idealistisch. Zwar würde man jede gute Idee prüfen, aber er sieht die Finanzierungsfrage als vordergründig, weil die Stadt sich kostenfreies Fahren oder die Bezuschussung von günstigeren Tickets nicht leisten könne. Und weil er bei gutem Zuspruch befürchtet, dass mehr Busse und mehr Personal bezahlt werden müssten. Außerdem wollten eben zu viele Autofahren, auch trotz des guten ÖPNV in Wuppertal. „Da muss man realistisch bleiben“, findet er.

Sedat Ugurman, verkehrspolitischer Sprecher der SPD, weiß zwar auch um die Finanzen der Stadt, möchte aber Bund und Land in die Pflicht nehmen, mehr für den ÖPNV zu tun. Er sagt, die SPD werde ein kostenfreies Ticket für Kinder und Jugendliche in das Wahlprogramm aufnehmen. Begünstigt würden damit nach Angaben der Stadt 61 203 junge Wuppertaler unter 18 Jahren. Aber, so Ugurman, das müsse auch bezahlt werden. Er sieht dafür eben den Bedarf, vom steuerlichen Querbund abzurücken, der funktioniere nicht so wie gewünscht.

Damit stimmt er mit SPD-Verkehrsdezernent Frank Meyer überein, der schon lange anmahnt, dass die Idee, den ÖPNV über die Gewinne aus Strom und Gas finanzieren zu lassen, überholt sei. Das Modell wird zurzeit vom Europäischen Gerichtshof in Luxemburg geprüft – es könnte sich als illegal herausstellen.

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