Digitales Zeitalter So funktioniert die „Neue Arbeit“

Bergisches Land · Der Wandel in der Arbeitswelt war Thema beim IHK-Netzwerktreffen der digitalen Wirtschaft.

 Ulrich Kühn (v.l.), Lars Rückemann (beide vom Gastgeber codecentric) und Klaus Appelt (Bergische IHK).

Ulrich Kühn (v.l.), Lars Rückemann (beide vom Gastgeber codecentric) und Klaus Appelt (Bergische IHK).

Foto: Christian Beier

Die Digitalisierung eines Unternehmens ist nicht nur von technischen Faktoren abhängig. Damit sie funktionieren kann, bedarf es auch eines Wandels in der Arbeitswelt. Diese neue Arbeitsweise im globalen und digitalen Zeitalter wird unter dem Begriff „New Work“ zusammengefasst. Wie dies funktionieren kann, erfuhren die gut 40 Teilnehmer aus dem bergischen Städtedreieck beim jüngsten „Meet IT“, zu dem die Bergische IHK in die codecentric-Zentrale eingeladen hatte.

Die Solinger codecentric AG wurde 2005 gegründet und verzeichnet seither ein jährliches Wachstum von 20 Prozent. Heute zählt der Softwareentwickler mehr als 520 Mitarbeiter an 16 Standorten – davon etwa 150 in Solingen. Mit einem Umsatz von 54 Millionen Euro im vergangenen Jahr und einem Ertrag von knapp vier Millionen Euro hat das Unternehmen nach den Worten von codecentric-Vorstand Ulrich Kühn „eine echte Erfolgsgeschichte“ geschrieben. Sie soll den „Meet IT“-Teilnehmern aufzeigen, welche Chancen die Digitalisierung bieten kann, wie Klaus Appelt, Leiter der Abteilung Innovation und Umwelt der Bergischen IHK, betont.

Die bei codecentric praktizierte Arbeitsweise ist sicherlich nicht im vollen Umfang auf Unternehmen anderer Branchen zu übertragen, räumt Lars Rückemann ein. Der für die Geschäftsfeldentwicklung zuständige codecentric-Mitarbeiter sieht aber einige Ansatzpunkte, die für jedes Unternehmen praktikabel seien. Das seien insbesondere flache Hierarchien. So habe selbst die Deutsche Bahn damit begonnen, die klassischen Führungskräfte abzuschaffen.

Die klassische Struktur, dass oben gedacht und unten gehandelt werde, funktioniere nicht mehr. Denn „die Leute, die handeln, wissen am besten, wo die Probleme sind“, erklärt Rückemann. Geben sie diese Probleme und möglicherweise sogar Lösungsvorschläge über die klassische Struktur an ihre jeweiligen Vorgesetzten weiter, kämen davon ganz oben bei den Entscheidern nur knapp vier Prozent an.

Laut Rückemann sei es die Aufgabe des Managements, „ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das die natürliche Motivation der Mitarbeiter nicht zerstört“. Voraussetzung dafür sei laut Kühn „das Vertrauen in die Mitarbeiter und deren Eigenverantwortung“. Dass dadurch auch schon mal falsche Lösungsansätze verfolgt werden, müsse einkalkuliert werden. Doch auch dies beinhalte eine Chance: „Fehler sind eine Gelegenheit, um zu lernen“, sagt Rückemann.

Bei codecentric würden generell alle Entscheidungen nicht von Einzelnen, sondern im Team gefällt. Dafür seien Gemeinschaftsflächen erforderlich und wichtig, um den gegenseitigen Austausch zu fördern. „Kommunikation ist alles“, sagt Rückemann. Um sie zu fördern, müssten den Mitarbeitern zudem Freiräume eingeräumt werden. Das betreffe neben der Arbeits- und Herangehensweise auch die Zeiteinteilung. Selbst die Urlaubsregelung wird bei codecentric im Team getroffen und nicht von oben verordnet.

Das Resultat der Arbeitsweise beim Solinger Softwarehersteller zeigt sich nicht nur beim wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens, das auf dem besten Weg ist, seine Erfolgsgeschichte fortzuschreiben. Dafür sind motivierte Mitarbeiter erforderlich, die gerade in der IT-Branche heiß begehrt sind. Vor diesem Hintergrund sind die 60 bis 70 Mitarbeiter, die das Unternehmen pro Jahr neu einstellt, ein ambitioniertes Ziel. Dem stehen allerdings jährlich fast 1000 Bewerbungen von Interessenten gegenüber, die die Arbeitsweise zu schätzen wissen. Selbst in Zeiten des Fachkräftemangels ist codecentric nicht einmal auf Bewerber angewiesen, die frisch von der Hochschule kommen.

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