Simone Peter: „Wir wollen das Umweltthema mit sozialen Fragen verbinden“

Simone Peter, Bundesvorsitzende der Grünen, spricht über mögliche Koalitionen in NRW und Jörg Heynkes, der von ihrer Partei als unabhängiger Kandidat für den Landtag aufgestellt wurde.

Simone Peter: „Wir wollen das Umweltthema mit sozialen Fragen verbinden“
Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. Frau Peter, wie überrascht waren Sie vom Ergebnis der Landtagswahl im Saarland?

Simone Peter: Von dem eigenen Ergebnis nicht sehr. Da ist viel Hausgemachtes dabei. Im Saarland wurden wie auch in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg Parteien gestärkt, die das Land gestalten und verwalten. Der Schulz-Effekt war im Saarland nicht so groß wie erwartet, aber er war da. Die SPD lag in den Umfragen bei 24 Prozent und ist bei 30 gelandet. Ich glaube auch, dass sich der Schulz-Effekt in Nordrhein-Westfalen auswirken wird, aber nicht so stark wie im Moment bei den Umfragen prognostiziert.

Die FDP hat für NRW bereits eine Ampelkoalition mit den Grünen ausgeschlossen. Haben die Grünen den Start des NRW-Wahlkampfs verschlafen?

Peter: Von der FDP war das schon lange bekannt. Lindner geht doch nach Berlin, deswegen ist ihm das egal — so würde ich das interpretieren.

Hat nicht auch die SPD die Grünen bereits ausgebootet, weil es mit Schulz so toll läuft?

Peter: Das ist nicht meine Wahrnehmung. In der Kontinuität der rot-grünen Konstellation ist zu erkennen, dass wir dieses Bündnis fortsetzen wollen. Ich sehe da keine Brüche und Überraschungen. Wir schließen aber vorab keine möglichen Koalitionspartner aus.

Der Landtagswahlkampf vermischt sich sehr mit dem Bundestagswahlkampf. Wäre es nicht an der Zeit gewesen, frische Gesichter zu präsentieren?

Peter: Unsere Wahlergebnisse hängen nicht in erster Linie mit Personen zusammen. Wir haben mit Winfried Kretschmann einen starken Ministerpräsidenten, aber wenn sie sich die Historie der Ergebnisse anschauen, dann war es bei Joschka Fischer ein Ergebnis von etwas über fünf Prozent, das die Grünen mit der SPD an die Regierung gebracht hat. Die Bedingungen 2013 waren gut, das Ergebnis ist durch ganz unterschiedliche Situationen, die im Wahlkampf aufgeschlagen sind, schlechter ausgefallen. Wir sind jetzt in der Situation, dass wir drauf legen müssen. Da bin ich ganz zuversichtlich, weil die Themen Klimaschutz, Weltoffenheit und Gerechtigkeit eine so große Rolle spielen. Die Frage, wie wir in einigen Jahren leben wollen und wie können wir die Zukunft der Kinder sichern — das ist unser großes Pfund.

In Wuppertal kandidiert mit Jörg Heynkes der Vizepräsident der Bergischen Industrie- und Handelskammer als unabhängiger Kandidat für den Landtag. Wie passt das mit dem Selbstverständnis der Grünen zusammen?

Peter: Ich finde, es passt gut, weil ich erleben durfte, mit welchem Elan und mit welcher Zugkraft er in einzelnen Stadtteilen Menschen für zukunftsfähige Lebenskonzepte begeistert. Dafür braucht man kein Parteibuch, aber eine ganz klare grüne Vorstellung davon, wie man Zukunft organisiert.

Das grüne Kernthema Umwelt ist von der Gerechtigkeits-Debatte verdrängt worden. Setzen sie den richtigen Schwerpunkt im Wahlkampf?

Peter: Wir sehen Umwelt- und Klimapolitik nicht eindimensional. Das Umweltthema ist eine Gerechtigkeitsfrage der Zukunft. Diese mit den sozialen Fragen zu verbinden, ist die Herausforderung. Wir erleben in NRW, dass es durch massive Lobbyarbeit, die Kohleindustrie zu halten, zu stärkeren Brüchen kommt. Besser wäre es, die Energiewende zu gestalten und mit neuen Arbeitsplätzen das Land in die Zukunft zu führen. Ökologie in Kombination mit Ökonomie und der sozialen Sicherung ist der Dreiklang, der in die Zukunft weist.

Wo bleibt der massive Protest der Grünen gegen die Atomkraftwerke in Belgien? Die Grünen verteilen Jodtabletten und nehmen alles hin?

Peter: Nein, Umweltminister Johannes Remmel unterstützt die Kommunen stark in ihrem Protest gegen das Atomkraftwerk Tihange. Das Thema Jodtabletten ist in der Tat relevant — solange die Schrottreaktoren arbeiten. Es ist Aufgabe der Bundesregierung auf europäischer Ebene für die Stilllegung der Reaktoren zu sorgen. So lange müssen wir Sicherungsmaßnahmen einführen.

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