Wuppertal Shopping ist auch keine Lösung

Warum der Streit über die Standorte von Outlet-Centern zu kurz greift.

Wuppertal: Shopping ist auch keine Lösung
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Wuppertal. Unser Wohlstandsmodell kommt zunehmend an Grenzen: Ökologisch lässt es sich nicht ohne massive ökologische Verwerfungen auf die bald zehn Milliarden Menschen auf diesem Planeten übertragen, sozial zeigt sich, dass wachsender materieller Wohlstand immer weniger am unteren Ende der sozialen Pyramide ankommt, aber auch ökonomisch hakt die Wachstumsdynamik früherer Jahrzehnte: Das Bruttosozialprodukt wächst kaum, obwohl die Zentralbanken seit Jahren billiges Geld in den Wirtschaftskreislauf pumpen.

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Und in älter werdenden und schrumpfenden Gesellschaften stagniert auch der private Konsum. Volkswirtschaftlich gilt daher: Jedes neue erfolgreiche Shopping-Center nimmt gleichzeitig anderen Einkaufsstandorten Kunden weg. Der Kampf um Outlet-Center ist damit ein Nullsummenspiel und wenig zukunftsträchtig.

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Viel wichtiger ist es deswegen, sich über neue Wohlstandsmodelle Gedanken zu machen: Wie kann die Lebensqualität in einer Stadt steigen, auch wenn das Bruttosozialprodukt und der private Konsum nicht weiter wachsen? Das ist durchaus möglich und Institutionen wie die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung der wichtigsten Industrieländer, arbeiten seit Jahren an einem erweiterten Wohlstandsverständnis.

In ihrem „Better Life Index“ (www.oecdbetterlifeindex.org) unterscheidet die OECD insgesamt elf Dimensionen, die für die Lebensqualität von Menschen entscheidend sind und misst diese Dimensionen regelmäßig für alle wichtigen Industrieländer: (1) die Wohnverhältnisse, (2) das Einkommen, (3) die Beschäftigung, (4) den Gemeinsinn und sozialen Zusammenhalt, (5) die Bildung, (6) die Naturqualität, (7) das zivilgesellschaftliche Engagement, (8) die Gesundheitsversorgung, (9) die subjektive Lebenszufriedenheit, (10) die Sicherheit und (11) die Work-Life-Balance.

Jenseits der ersten drei Dimensionen (Wohnverhältnisse, Einkommen, Beschäftigung) sind die anderen Dimensionen weitgehend unabhängig von der Höhe des Bruttosozialproduktes. Städte können sehr viel tun, um die Lebensqualität von Mitbürgern in diesen Dimensionen zu erhöhen.

Gerade Wuppertal und die Städte des Bergischen Städtedreiecks haben hier besondere Potenziale: Ob Naturqualität, herausragende Bildungsinitiativen wie die Junioruniversität, soziales Engagement wie die Wuppertal-Bewegung oder neue Ansätze zur Quartiersintegration wie am Arrenberg, dem Ölberg, der Nordstadt oder in Oberbarmen zeigen, wie erweiterter Wohlstand auch unter stagnierenden ökonomischen Bedingungen funktionieren kann.

Damit kann das Bergische Land Zeichen setzen, die weit über die Region und Deutschland hinaus reichen — und tut es heute schon. Das ist auch einer der Gründe, warum das Wuppertal Institut zusammen mit der Bergischen Universität daran arbeitet, Indikatoren für eine alternative Wohlstandsmessung in Städten zu entwickeln, um den Lebensqualitätsfortschritt sichtbar werden zu lassen.

Deswegen gilt: Nicht im Streit über Outlet-Center liegt die Zukunft, sondern in Initiativen für neue Formen des Wohlstandes. Hier können Wuppertal und das Bergische Land wirkliche Akzente setzen.

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