Schwere Geburten: Wuppertaler Hebamme half in Pakistan

Annika Bombeck (30) unterstützte Frauen, die sonst wenig Fürsorge bei Schwangerschaft und Entbindung erfahren.

Wuppertal. Schon als Schülerin stand für Annika Bombeck fest: Sie würde später ins Ausland gehen, um Menschen in Krisengebieten zu helfen. So war es kein Wunder, dass die gebürtige Wittenerin ein Medizinstudium begann. Doch nach drei Semestern entdeckte sie ihre eigentliche Berufung und absolvierte in Wuppertal eine Hebammen-Ausbildung.

Nach vier Jahren Berufserfahrung war sie jetzt sie mit „Ärzte ohne Grenzen“ in Pakistan. Neun Monate arbeitete die heute 30-Jährige in der Stadt Dera Murad Jamali im Bundesstaat Ost-Baloshistan, um dort beim Aufbau einer Klinik für komplizierte Geburten zu helfen. „Kaiserschnitte oder Saugglockenentbindungen sind dort selten, weil die nächste Klinik rund 25 Kilometer entfernt und damit für die Frauen unerreichbar ist“, berichtet Annika Bombeck, die als Beleghebamme im Wuppertaler Bethesda-Krankenhaus bestens mit solchen Fällen vertraut ist.

Doch nicht nur Geburten standen auf ihrer Agenda, sondern auch Schwangerschaftsvorsorge, die sie mit einer mobilen Klinik in den umliegenden Dörfern anbot. „Die Frauen in Pakistan haben ganz andere Lebensumstände als wir. Zum Teil erwarteten sie ihr 14. Kind — und fast jede von ihnen hatte schon eine Totgeburt oder Komplikationen. Aber Vorsorge gibt es so gut wie nicht“, resümiert die junge Frau mit dem Kurzhaarschnitt.

Eine weitere Aufgabe der Wuppertaler Hebamme, die zum Team des Elberfelder Geburtshauses gehört, bestand darin, die pakistanischen Kolleginnen in der Klinik anzuleiten. Vor allem auf den liebevollen Umgang mit Müttern und Kindern legte die Deutsche Wert. „In Pakistan werden um Schwangerschaft und Geburt kein Aufhebens gemacht. Doch mir war es wichtig, dass die Frauen unabhängig von ihrer Herkunft Wertschätzung und eine individuelle Betreuung verdienen“, sagt Annika Bombeck. Dazu zählte unter anderem, den Gebärenden die Entbindung möglichst angenehm zu machen, beispielsweise durch das Wechseln der Geburtspositionen.

Doch was in Deutschland inzwischen zur Normalität gehört, stieß bei den Patientinnen in Pakistan zunächst auf Skepsis: „Die Frauen kannten nur die Rückenlage und fanden beispielsweise die tiefe Hocke mehr als befremdlich. Einige wollten das nicht ausprobieren, andere haben aber den Sinn dahinter erkannt.“

Dass in anderen Ländern andere Sitten herrschen, lernte Annika Bombeck gleich zu Anfang. Nicht nur, dass Männer in Pakistan im Kreißsaal grundsätzlich nichts zu suchen haben. Auch, dass immer mindestens eine nahe Verwandte bei der Geburt dabei ist und der Mutter das Neugeborene sofort nach der Entbindung abnimmt, war für die Wuppertalerin eine interessante Lektion: „Die Oma schnappt sich das Kind und wickelt es ganz stramm in Bänder und Lappen. Nur der Po bleibt frei, unter den ein Läppchen gelegt wird, das gewaschen werden kann. Danach wird das Baby traditionell geschminkt.“

Eine wichtige Erfahrung aus den neun Monaten in Pakistan nahm Annika Bombeck für sich persönlich mit nach Hause: „Ich habe mich in meiner Arbeit nicht verändert, bin aber sicherer geworden. Das liegt daran, dass ich gesehen habe, dass ich auch in kritischen Situationen ruhig bleiben kann.“

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