Landgericht Schüsse auf Wuppertaler Gathe: Angeklagter spricht von Notwehr

Wuppertal · Vor dem Landgericht begann am Dienstag der Prozess um die Schüsse auf der Gathe. Der Angeklagte gab die Schüsse zu, zwei Augenzeugen schilderten, was sie erlebten.

Schüsse auf Wuppertaler Gathe: Angeklagter spricht von Notwehr
Foto: Katharina Rüth

Von Katharina Rüth

Das Opfer (36) habe eine Waffe auf ihn gerichtet, deshalb habe er geschossen. Das ließ der Angeklagte einen Verteidiger für sich erklären. Der 33-Jährige muss sich seit Dienstag wegen Totschlags vor dem Landgericht verantworten. Er hat zugegeben am Abend des 28. April 2019 auf der Kreuzung Gathe/Karlstraße auf seinen ehemaligen Freund (36) geschossen zu haben. Der starb am 7. Mai im Krankenhaus.

Nach Angaben des Angeklagten kannten sich Täter und Opfer schon aus Albanien. Der Angeklagte lebte bereits in Wuppertal, als der 36-Jährige 2016 in die Stadt kam und mehrere Monate bei dem Jüngeren und seiner Familie lebte. Sie seien damals eng befreundet gewesen.

Doch 2018 sei es schwieriger zwischen ihnen geworden, unter anderem habe es Diskussionen um Geld gegeben. Später hätten sie um ein Auto gestritten, das auf den Angeklagten zugelassen war, aber von dem Jüngeren gefahren wurde. Den Streit hätten sie offiziell beigelegt, seien sich danach aber aus dem Weg gegangen.

Anfang 2019 habe er ein Café auf der Gathe eröffnet. Und dann gehört, dass der 36-Jährige Gerüchte über ihn verbreite, er arbeite bei Kokain-Geschäften mit der Polizei zusammen. Deshalb fürchtete er um die Wirtschaftlichkeit seines Cafés.

Am Tattag seien sie sich am frühen Abend zufällig begegnet, er habe die Sache klären wollen. Dabei seien in Streit geraten, bis es zu Handgreiflichkeiten kam. Der 36-Jährige habe ihm gedroht: „Du wirst heute noch sterben, das schwöre ich bei meinen Kindern.“ Er selbst habe den Streit auf keinen Fall weiter eskalieren lassen wollen, sei erst nach Hause, doch aus Angst um seine Familie dann wieder Richtung Café gefahren. Und habe sich eine Waffe besorgt, weil er wusste, dass der 36-Jährige Zugang zu Waffen hat.

„Ich dachte,
er schießt jetzt“

Auf dem Weg zum Café habe er plötzlich vor sich den Wagen des 36-Jährigen gesehen, dann gemerkt, dass dieser ihn gesehen und eine Waffe auf ihn gerichtet habe. „Ich dachte, er schießt jetzt.“ Deshalb habe er die Waffe genommen, die zwischen den Vordersitzen seines Autos lag, und von der Seite auf ihn geschossen. „Das ging alles unglaublich schnell.“ In Panik sei er dann weggefahren.

Sieben Schüsse hat er laut Anklage abgegeben. Die Waffe war eine halbautomatische Kurzwaffe, für die der Angeklagte keine Erlaubnis hatte. Eine Kugel traf den 36-Jährigen im Kiefer, eine in der Niere.

Aus unmittelbarer Nähe musste das Geschehen eine 31-Jährige miterleben, die am Dienstag als Zeugin aussagte. Sie war mit ihrem zweijährigen Sohn auf dem Heimweg, stand an der Ampel neben dem Auto des späteren Opfers. Und hörte plötzlich die Schüsse. „Ich habe einen Schock bekommen“, sagte sie. „Ich dachte, was passiert hier?“

Sie habe sich zu ihrem Sohn auf der Rückbank umgedreht. Und dabei rechts neben sich einen Mann aus dem Auto steigen sehen, der im Gesicht verletzt war. Bei der Polizei hatte sie ausgesagt: „Er blutete an Nase und Mund. Ich habe mich gefühlt wie in einem Horrorfilm.“ Sie sei sofort losgefahren, habe aber nach der Kreuzung anhalten müssen, weil ihr übel war. Dann sei auch bald die Polizei gekommen. Monate sei sie in Behandlung gewesen, um das Erlebte zu verarbeiten.

Ein weiterer Augenzeuge (28) berichtete, er habe in Gegenrichtung an der Ampel gestanden. Als die für ihn Grün zeigte, habe er wahrgenommen, dass gegenüber ein Auto ankam und abrupt bremste. Und er habe „einen ausgestreckten Arm aus dem Fenster“ gesehen. Im Fahren habe er die Schüsse gehört, sie erst mit Verzögerung als real begriffen. Dann habe er gewendet, wollte dem Opfer zu Hilfe kommen. Doch sein Freund, der mit ihm Auto saß, habe ihn zur Vorsicht gemahnt. Deshalb habe er nur das Auto quergestellt, um weitere Autos abzubremsen.

Er habe dann gesehen, wie das Opfer aus dem Auto ausgestiegen und sich am Auto festhaltend einmal um den Wagen herum gegangen sei. Auf der anderen Seite habe der Mann sich „hingelegt“. „Da habe ich gesehen, dass da viel Blut war.“ Dann seien auch schon viele Menschen aus den umliegenden Cafés gekommen und dann auch die Polizei.

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