Schüler machen ihr Abi jetzt im Internet

Das Bergische Berufskolleg bietet seit dieser Woche einen neuen Lehrgang an.

Schüler machen ihr Abi jetzt im Internet
Foto: Andreas Fischer

Der Weg ist folgerichtig: Wer neben Beruf oder Kindererziehung das Abitur nachholen möchte, kann dies jetzt zumindest zum Teil per E-Learning machen. Das Bergische Berufskolleg in Elberfeld bietet seit Donnerstag das „Abitur Online“ an. An zwei Abenden sitzen die Schüler wie beim Abendgymnasium auch in den Räumen an der Pfalzgrafenstraße. Den Stoff der restlichen Stunden müssen sie sich am heimischen Computer erarbeiten. „Wir erreichen damit andere Menschen als mit unseren bisherigen Angeboten“, freut sich Schulleiter Michael Wlochal. „Gerade für Leute vom Land ist das eine echte Erleichterung.“ Bis aus Radevormwald, Düsseldorf oder Wermelskirchen kommen die Schüler. 20 Berufskollegs in NRW bieten das kostenlose Online-Abitur an.

Etwas nervös sitzen die neu Eingeschriebenen in ihrem Klassenraum. Einige wirken ganz jung, anderen sieht man die Lebenserfahrung an. Viele von ihnen gehen tagsüber ihrem Beruf nach oder kümmern sich um ihre Kinder. Die verkürzte Präsenzzeit erleichtert diese Zweiteilung. Allerdings brauchen sie auch viel Disziplin, um durchzukommen. „Lernen ist wie Paddeln gegen den Strom. Sie dürfen nie aufhören zu paddeln“, begrüßte Wlochal die 20 neuen Schüler.

Sie beginnen mit einem Vorkurs. Wer lange aus der Schule heraus ist, muss sich erst wieder an das Lernen gewöhnen. In Mathe, Deutsch und Englisch werden die Grundlagen wiederholt. Nach einem halben Jahr beginnt die Abiturvorbereitung. Dann sind es zwei Jahre bis zur Fachoberschulreife und drei bis zum Zentralabitur. Die Prüfung legen die Schüler mit allen Gymnasiasten in NRW tagsüber ab. Viele begnügen sich jedoch mit der Fachoberschulreife oder werfen schon vorher das Handtuch. „Wer bis zum Ende dabei bleibt, macht meist ein recht gutes Abi“, sagt Lehrerin Heike Haase. Das Lernmaterial wird zum Teil zentral gestellt, zum Teil laden es die Wuppertaler Lehrer hoch. „Wir finden selten Schulbücher, die für unsere Leute adäquat sind“, erklärt Wlochal. Denn ein Aufsatz darüber, wie lang ein Jugendlicher abends ausgehen darf, passt einfach nicht zu 25- oder gar 40-Jährigen.

Unterrichtet werden Deutsch, Mathe, Englisch, Biologie und Geschichte. Im zweiten Jahr wählen die Schüler wie andere Gymnasiasten auch zwei Leistungskurse aus diesen Fächern. Da die beiden Abendkurse (Präsenz- und Online-Kurs) parallel laufen, können die Schüler auch später wechseln, wenn sich ihre Arbeits- oder Privatsituation ändert. Alle Klausuren werden in der Schule geschrieben.

Auch die Lehrer sind gespannt, wie das Lernen über das Internet klappt. Jeder einzelne muss entscheiden, wie er Rückmeldung an die Schüler zu den Online-Aufgaben gibt. In einer Fortbildung lernten die beteiligten Lehrer, wie sie als „Online-Tutoren“ am besten agieren. Wie viel die Schüler von einer zur nächsten Stunde schaffen, wird erst die Erfahrung lehren. Bestimmt sind aber auch diesmal wieder schlummernde Talente dabei: Wie der Fernsehtechniker, der heute als Chefarzt an einer Klinik arbeitet.

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