Schön, schnell, David Garrett

Der Ausnahmegeiger hat in der Stadthalle gespielt und dabei den Altersdurchschnitt für ein Klassikkonzert deutlich gesenkt.

Wuppertal. Er gilt als der "schönste Geiger der Welt" und ein Popstar der Klassik-Branche: David Garrett. Mit seiner Pianistin Milana Chernyavska trat der deutsch-amerikanische Geiger jetzt in der Stadthalle auf - Motto der ausverkauften Veranstaltung im Großen Saal: "very special evening".

Und etwas besonderes war das Konzert für die begeisterten Zuhörer wirklich: Denn David Garrett verzichtete diesmal auf jegliche Star-Attribute und zeigte sich von seiner puristischen Seite. Schlicht im schwarzen Anzug, mit zurückgebundenem Blondhaar, spielte der Violinen-Beau Kammermusik. Ohne Licht-Show, ohne bombastische Begleitung. Musik pur.

Die Kammermusik, so Garrett, sei Zentrum seines Repertoires, da sie jeden Musiker vor große Herausforderungen stelle. Schade allerdings, dass der gebürtige Aachener diesen Herausforderungen in musikalischer Hinsicht nicht ganz gewachsen war. Ludwig van Beethovens Sonate Nr. 10 G-Dur, Johannes Brahms’ 3. Satz aus der F.A.E. Sonate op. 45 und Edvard Griegs Sonate op. 45 sind allesamt charakterstarke und feinsinnige Werke. Garrett jedoch spielte sie alle gleich: mit viel Kraft und extremem Vibrato. Er schiem seinem Instrument schlicht nicht zuzutrauen, dass es auch ohne diese Schwerstarbeit einfach so die Stadthalle mit Klang füllen konnte. Pablo de Sarasates Zigeunerweisen op. 20 dagegen sind vor allem virtuos. Hier fühlt sich Garrett wieder zu Hause - wo es auf brilliante Spieltechnik ankommt, nicht auf einfühlsame Gestaltung. Nicht umsonst gilt er seit Mai 2008 als "schnellster Geiger der Welt".

Diese Spielweise deckte sich mit der von Pianistin Milana Chernyavska, die am Flügel ebenfalls wenig gefühlvoll agierte: Auch sie setzte Intensität vor allem mit Kraft gleich. Auch ihr gelang es selten, eine feine, subtile Tonsprache zu entwickeln. Kommunikation und Zusammenspiel der beiden als Partner funktionierten leider auch nur bedingt: Augenkontakt fand nicht statt.

Doch all dieser Feinheiten zum Trotz: Garrett erreicht durchaus, was er erreichen will. Nämlich, junge Leute für klassische Musik zu begeistern, die sich sonst eher selten in ein Sinfoniekonzert begeben. Die Indizien dafür: Im ausverkauften großen Saal liegt zum einen der Altersdurchschnitt deutlich unter gewöhnlichen Klassik-Werten. Und, für das erfahrene Konzertpublikum ein gewisses Ärgernis: Die Zuhörer klatschen begeistert nach jedem Satz. Am Ende bekommt Garrett auch noch ein kleines Geschenk auf die Bühne gereicht. Mag er die Fachleute auch nicht überzeugt haben - neue Fans in Wuppertal gewonnen hat er auf jeden Fall.

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