Schlamperei: Ausländeramt in der Kritik

Ein interner Verwaltungsbericht offenbart, dass eine Reihe von Sicherheitslücken im Februar den Diebstahl von 5000 Blanko-Aufenthaltsgenehmigungen begünstigte.

Wuppertal. Knapp vier Monate nach dem Einbruch in die Räume desAusländeramts Am Clef in Barmen hat das städtische Rechnungsprüfungsamtjetzt schwere Vorwürfe gegen die Behörde erhoben. Der Diebstahl vonmassenweise Blanko-Aufenthaltserlaubnissen nebst zahlreichenDienstsiegeln und mehreren tausend Euro Bargeld "wurde begünstigt durcheine mit Mängeln behaftete Sicherheitssituation", heißt es in einemvertraulichen Bericht, der der WZ vorliegt.

Die unbekannten Täter hatten sich vermutlich am 25. Februar 2005einem Freitag nach Dienstschluss in dem Gebäude einschließen lassen unddie Büros durchsucht. Dabei ließen sie 19 Geldkassetten mitgehen, indenen sich neben 10 189 Euro auch 21 Dienstsiegel, etwa 5000Aufenthaltsvignetten, ein Reiseausweis für Ausländer und ein Reisepassfür Flüchtlinge befanden. Mit Hilfe der Siegel und der Papiere könneunbehelligt "ein ganzer Reisebus voller Menschen illegal quer durchEuropa reisen", beschrieb ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung damalsdie Brisanz der Tat. Den Schwarzmarktwert der Beute bezifferte er auf2,5 Millionen Euro.

Doch die Einbrecher wussten offenbarnicht, was sie in Händen hielten und entsorgten Siegel undBlanko-Dokumente in der Wupper zumindest zu einem großen Teil.

Denn:Dass tatsächlich alle Papiere im Fluss landeten, ist bislang nur eineAnnahme. Lediglich 3100 Aufenthaltspapiere und "einige Dienstsiegel"sind in oder an der Wupper gefunden worden. Eine genaue Auflistung desDiebesgutes, die die Stadtverwaltung an das Innenministerium schickenmuss, gibt es dem Bericht zufolge auch fast vier Monate nach der Tatnoch nicht. Dabei geht es bei dem Diebstahl um Dokumente, deren Verlustnach Ansicht der Rechnungsprüfer "einen immensen politischen Schadenanrichten kann. Der daraus resultierende Sicherheitsbedarf hätte denVerantwortlichen bewusst sein müssen."

War er wohlnicht. Denn das Ausländeramt hat beispielsweise eingeräumt, dass dreiGeldkassetten entgegen der innerdienstlichen Anordnung nicht in einemStahlschrank verwahrt worden waren. Genützt hätte auch das freilichnichts, schließlich konnten die Diebe den Schrank ebenfalls plündern.Der stand obwohl es einen besonders gesicherten Kassenbereich gibtlediglich in einem Büroraum. Und: Der passende Schlüssel lag quasigriffbereit in einem Blumentopf im Aktenschrank. "Sicherheitslücken",urteilt das Prüfungsamt. Es beanstandet auch, dass niemand nachgesehenhabe, ob sich nach Dienstschluss noch jemand im Gebäude aufhielt.

Dazukommt: Dies war nicht der erste Einbruch in die Räume Am Clef. Schonzwischen November und Dezember 2002 waren Diebe im Haus, ein zweitesMal im August 2003. "Auch ,nur` ein Einbruch reicht aus, um feststellenzu können, dass man doch die Dienstanweisung beachten sollte", bemerkendie Prüfer.

Gelernt habe die Verwaltung daraus abernicht. Stattdessen habe sie den ersten Fall gar nicht, den zweiten nurunzureichend dokumentiert. Dem Bericht nach haben die Verantwortlichendie Fehler eingestanden.

Nicht klar bewerten können dieKontrolleure nach eigener Aussage, ob auch in Bezug auf die Menge derin den Geldkassetten aufbewahrten Blanko-Dokumente gegen Anweisungenverstoßen wurde; offensichtlich mangelt es an klaren Vorgaben. SelbstBezirksregierung und Bundesdruckerei hätten auf Nachfrage keinebesonderen Sicherungsvorschriften benennen können, verteidigt sich dieFachverwaltung. Zweifel an einem ausreichend umsichtigen Umgang mit denDokumenten bestehen trotzdem. Denn das für die Ausgabe der so genannten"Aufenthaltskleber" zuständige Ressort Einwohnermeldeamt stellte vierWochen nach dem letzten Einbruch in einer internen Dienstanweisungfest, dass "überdurchschnittlich viele" Aufenthaltserlaubnisse an dieMitarbeiter ausgegeben wurden. "Dies liegt unter anderem daran, dasseinige Kolleginnen und Kollegen in ihren Wechselkassen dieAufenthaltskleber stapelweise aufbewahren und teilweise von einer SorteKleber bis zu 200 Stück horten", heißt es in dem Schreiben. Höchstens20 Kleber einer Sorte dürfen jetzt noch jedem einzelnen Mitarbeiter aufeinmal ausgehändigt werden.

Während die Polizei nochimmer keine Hinweise auf die Täter hat und das Verfahren in derkommenden Woche an die Staatsanwaltschaft abgeben will, geltenmittlerweile alle Sicherheitslücken beim Ausländeramt als geschlossen.

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