Rundgang durch düsteren Teil von Wuppertals Historie

Eine Führung beschäftigte sich mit den Gedenktafeln in Elberfeld und den Schicksalen von denen sie erzählen.

Rundgang durch düsteren Teil von Wuppertals Historie
Foto: Andreas Fischer

Zentrum. Zu einem Rundgang zu Erinnerungszeichen an den Nationalsozialismus hatte am Sonntagnachmittag Jan Niko Kirschbaum, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Neue Geschichte an der Heinrich-Heine-Universität, eingeladen. Start war die Begegnungsstätte auf dem Platz, an dem früher die Synagoge stand. Der Historiker machte hier auf eine Gedenktafel aufmerksam auf der steht: „Seit dem 15. September 1865 gab es hier an der Genügsamkeitsstraße eine Synagoge für die jüdische Gemeinde, seit dem 22. Januar 1897 auch in Barmen. Während der Reichspogromnacht 1938 brannten beide Synagogen aus und wurde vollkommen zerstört, die meisten jüdischen Bürger Wuppertals wurden unter der Herrschaft der Nationalsozialisten ermordet.“ Kirschbaum machte deutlich, dass solche Erinnerungszeichen öffentlich zugänglich sein müssen.

„Mein Vater hat mir erzählt, dass er gegenüber der alten Synagoge in einer Druckerei gearbeitet hatte. Von einem auf den anderen Tag sei die Synagoge verschwunden“, erzählte eine Frau und befand, dass man Geschichten, die Zeitzeugen erzählen, am besten in Erinnerung behält.

Weiter ging es zur Gedenktafel von Oswald Laufer, einem jungen Deutschen jüdischen Glaubens, Sozialdemokrat und Mitglied des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold. Kirschbaum erzählte, dass der 27-Jährige eines der ersten von etwa 20 Opfern im Jahre 1933 gewesen war. „Er hatte das Geschäft seines Vaters Simon an der Wilhelmstraße gerade verlassen, als ihm fünf SA-Männer auflauerten und ihn erschossen.“ Zwei dieser Täter seien nach dem Krieg zur Rechenschaft gezogen und 1948 zu fünf und vier Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Die Eltern Laufers überlebten den Holocaust nicht, nur seine Schwester Rosa konnte mit ihrem Mann und den Kindern rechtzeitig in die USA flüchten.

Am 7. März 1998 wurde in Anwesenheit seines Neffen, Professor Dr. Gerd Korman, der aus den USA angereist war, die Gedenktafel enthüllt. 2013 wurde sie von Neonazis beschmiert“, sagte Kirschbaum und erinnerte an die Worte von Ministerpräsident Johannes Rau, der gesagt hatte: „Wenn wir die Erinnerung an die nicht wachhalten, die Demokraten waren, dann werden wir die Demokratie nicht erhalten können.“

Weiter ging es in Richtung St. Josef Krankenhaus, wo an der Wand zur Hauskapelle eine kleine, einfache Gedenktafel an den französischen Jesuiten-Pater Victor Dillard erinnert. Nach seiner Zeit als Soldat im zweiten Weltkrieg folgte er dem Aufruf französischer Bischöfe zur Auslandsseelsorge, um so seinen zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppten Landsleuten zu helfen. „Hier in der Kapelle des Krankenhauses hielt er Gottesdienste ab, bis er im April 1944 verraten wurde. Im KZ in Dachau ist er gestorben“, erzählte Kirschbaum. Mit den Schicksalen von Zwangsarbeitern hätte man sich erst in den 90er Jahren beschäftigt.

Ein weiterer Haltepunkt war die Reiterstraße, wo einst eine Gedenktafel an die Wuppertaler Widerstandskämpfer Yzchok und Rita Gerszt erinnert hatte. Heute sind vor ihrem letzten Wohnort zwei Stolpersteine gegen das Vergessen eingelassen worden. Das Ehepaar überlebte den Holocaust nicht, Tochter Stefanie gelang es, in die USA zu fliehen. Kirschbaum machte deutlich, dass es an den Stolpersteinen des Künstlers Gunter Demnig auch Kritikpunkte gebe: „Weil es inzwischen so viele von ihnen gibt, wird Beliebigkeit geschaffen. Außerdem erfährt man in den Informationen in den Messingsteinen wenig über die Menschen.“

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