Personalpolitik Rund 50 frei verhandelte Verträge bei den städtischen Töchtern

Wuppertal · Nach Angaben von Personaldezernent Johannes Slawig ähneln viele Verträge dem der Tanztheater-Intendantin Adolphe Binder.

 Adolphe Binder hat als Intendantin einen Vertrag, der dem Tanztheater eine Kündigung stark erschwert.

Adolphe Binder hat als Intendantin einen Vertrag, der dem Tanztheater eine Kündigung stark erschwert.

Foto: dpa/Jana Bauch

Der Vertrag von Adolphe Binder als Intendantin des Tanztheaters wird derzeit viel diskutiert. Denn dieser verhinderte, dass das Tanztheater ihr kündigen konnte: Es war ein auf fünf Jahre befristeter Vertrag, der keine ordentliche Kündigung vorsah. Die vorgetragenen Gründe reichten den Gerichten für eine solche außerordentliche Kündigung nicht aus, daher blieb die ausgesprochene Kündigung unwirksam. Grundsätzlich sei eine solche Vertrags-Konstruktion nicht unüblich, betont Personaldezernent Johannes Slawig.

„Der Ausschluss einer Kündigung kommt öfter vor“, sagt er. „Das ist ein Entgegenkommen dafür, dass der Vertrag befristet ist.“ Bei den rund 50 städtischen Töchtern von den Stadtwerken bis zu den Bühnen gebe es rund 50 Geschäftsführer, deren Verträge frei verhandelt seien. „Die sind fast alle befristet und nicht kündbar“, sagt Slawig. Manche dieser Verträge hätten kürzere Laufzeiten, aber der Regelfall sei eine Laufzeit von fünf Jahren. Formuliert würden sie von den Fachleuten im „Beteiligungsmanagement“, der städtischen Abteilung, die die städtischen Beteiligungen betreut und verwaltet, der jeweilige Aufsichtsrat müsse zustimmen, der Finanz- und Beteiligungsausschuss beschließe die Verträge.

An den Vertragsverhandlungen mit Adolphe Binder seien damals Tanztheater-Geschäftsführer Dirk Hesse und er beteiligt gewesen. Das Tanztheater sei dabei rechtlich beraten worden. Auch die Fachleute im Beteiligungsmanagement – damals noch unter Panagiotis Paschalis – hätten einen Blick auf den Vertrag geworfen.

Adolphe Binder habe damals viel Wert auf die erschwerte Kündigung gelegt. „Sie wollte geschützt sein, wenn sie schon aus einer anderen Stadt nach Wuppertal kommt“, berichtet Slawig. Darum habe man eine Kündigung nur „aus wichtigem Grund“ im Vertrag zugelassen. „Heute würde ich genauer klären, was ein ,wichtiger Grund’ ist“, sagt der Personaldezernent selbstkritisch.

Verhandlungsmacht der Beteiligten ist entscheidend

Und auch an anderer Stelle sei man inzwischen klüger: Dass Adolphe Binder als Künstlerische Leiterin engagiert, gleichzeitig aber dem Geschäftsführer unterstellt wurde, „hat sich im Nachhinein als Fehler erwiesen“. Sie habe große künstlerische Freiheit haben wollen, das Tanztheater habe Wert darauf gelegt, dass der Geschäftsführer in wirtschaftlichen Fragen entscheide. Nach der Erfahrung mit Adolphe Binder wurde diese Konstruktion bei Einstellung von Bettina Wagner-Bergelt verändert.

Wolfgang Kleinebrink, Geschäftsführer der Vereinigung Bergischer Unternehmerverbände, der Firmen auch bei der Gestaltung von Verträgen mit Führungskräften berät, bestätigt, dass es durchaus üblich ist, bei befristeten Geschäftsführer-Verträgen eine normale Kündigung auszuschließen.

Bei befristeten Geschäftsführer-Verträgen müsse eine Kündigungsmöglichkeit sogar ausdrücklich in den Vertrag geschrieben werden, sonst sei automatisch nur eine außerordentliche Kündigung möglich. Welche Seite was in den Vertrag schreibe, „hängt von der Verhandlungsmacht der Beteiligten ab“.

Auch Roger Christmann, inzwischen Nachfolger von Dirk Hesse als Geschäftsführer des Tanztheaters, nennt einige Bestandteile des Vertrags „unglücklich“. Dazu zählt auch er die fehlende Kündigungsmöglichkeit angesichts einer langen Vertragslaufzeit von fünf Jahren.

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nennt er „salomonisch“. Das Gericht habe die Kündigung für unwirksam erklärt, dabei deutlich gemacht, dass die Gemengelage kompliziert ist, und den Parteien aufgetragen, gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Das soll auch geschehen: „Wir werden intern absprechen, welche Möglichkeiten es gibt, und auf Frau Binder zugehen“, kündigt Roger Christmann an. „Wichtig ist, dass wir eine Lösung finden, mit der das Tanztheater leben kann.“

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