Rudolf Dreßler: Empfang im Rathaus zum 70.

Rückblick auf viele Jahre Sozialpolitik mit Höhen, Tiefen und Respekt.

Barmen. Ihn zeichnet das aus, was vielen Politikern abhanden gekommen ist: Ecken, Kanten und ein klarer Standpunkt, wenn es um die Sache geht. Was aber noch lange nicht heißt, dass man Rudolf Dreßler selbst mit 70 Lebensjahren noch überraschen kann. Dass man ihn eines Tages einmal bei einem Empfang im Rathaus seiner Heimatstadt ehren würde, sei ihm selbst jedenfalls niemals in den Sinn gekommen.

So geschehen im 1. Sitzungszimmer, als Oberbürgermeister Peter Jung (CDU) es in seiner Gratulation gestern auf den Punkt brachte: "Sie haben die Sozialpolitik wie kein anderer geprägt", ließ er den Sozialdemokraten wissen, der nach nunmehr 41 Jahren in der SPD getrost als "Urgestein" bezeichnet werden kann. Auch wenn das gerade bei Rudolf Dreßler abgegriffen klingt, denn seine politische Laufbahn ist alles andere als statisch: Da wird sein Bundestagsmandat von 1980 bis 2000 zu einer Wegstation von vielen - ebenso wie 16 Jahre Oppositionsarbeit nach einem Gastspiel als Parlamentarischer Staatssekretär in der Bundesregierung 1982.

Umso größer sei nach dem Machtwechsel 1998 die Überraschung darüber gewesen, dass Dreßler mit seinem politischen Engagement nicht Bundesarbeitsminister wurde, wie es Peter Jung mit Respekt unterstrich.

Untrennbar verbunden ist mit Rudolf Dreßler langjährige Gewerkschafts- und Betriebsratsarbeit als gelernter Schriftsetzer: Von 1969 bis 1981 war er Vorsitzender des Betriebsrates beim Verlag W. Girardet. Bei allen Kontroversen erwarb sich der Wuppertaler über Parteigrenzen hinweg Wertschätzung als Sozial-Experte - und er revanchierte sich gestern auch beim damaligen CDU-Kontrahenten Hermann Josef Richter, den er zum Empfang mit eingeladen hatte: Selbst "in heftigsten Auseinandersetzungen" habe der damalige CDU-Chef "niemals ein Vier-Augen-Gespräch in aller Ruhe" abgelehnt, um bei allen Gegensätzen im Sinne Wuppertals nach einer Lösung zu suchen. Erinnert wurde nicht zuletzt an Dreßlers Verdienste als deutsche Botschafter in Israel, wo er fünf schwierige Jahre verbrachte - im Zeichen der Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern.

Seinen schweren Autounfall im November 1997 ließ der 70-Jährige selbst Revue passieren und beschrieb jenseits aller Glückwünsche in eindrücklicher Form den Weg zurück ins Leben - nach anderthalb Reha-Jahren.

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