Kriminalität Rocker aus Wuppertal nach „Bandidos“-Attacke Pflegefall: Lange Haftstrafen

Wuppertal/Herne · Ein Rocker wird nach einer Attacke zum Pflegefall, weil er mit der Kutte seines Clubs durch angebliches „Bandidos-Gebiet“ fuhr. Jetzt müssen die Täter ins Gefängnis. Und es wird klar: Die Tat beruhte auf einem Missverständnis.

Rocker aus Wuppertal nach „Bandidos“-Attacke Pflegefall: Lange Haft
Foto: dpa/Marius Becker

Es ging um angebliche Gebietsansprüche: Im August 2018 fiel eine Gruppe „Bandidos“ in Herne über drei andere Rocker aus Wuppertal her. Eins der Opfer ist seitdem ein Pflegefall. Am Mittwoch sind vier der Täter zu Haftstrafen von fünf Jahren und zehn Monaten bis zu sechs Jahren und acht Monaten verurteilt worden. Sie hatten zugegeben, auf die drei Mitglieder des Motorradclubs „The Living Dead Nomads“ eingeschlagen und eingetreten zu haben. Die Urteile lauteten auf schwere und gefährliche Körperverletzung.

Eines der Opfer war damals ungebremst mit dem Kopf auf dem Boden aufgeschlagen und hatte schwerste Schädelhirnverletzungen erlitten. Seitdem ist der 55-Jährige in allen Bereichen auf Hilfe angewiesen. „Er kann nicht mehr selbst essen, nicht mehr sprechen, nicht mehr laufen, nicht mehr lachen, nicht mehr weinen“, sagte Richterin Susanne Schön-Winkler bei der Urteilsbegründung. Der Zustand habe sich sogar verschlechtert. Die Lebensqualität schwinde zusehends, wenn sie denn überhaupt noch bestehe. Er sei in „Siechtum“ verfallen. „Das ist das Schlimmste, was einem passieren kann, bevor einen das Leben verlässt.“

Wer den entscheidenden Schlag ausgeführt hatte, haben die Richter nicht feststellen können. Trotzdem müssen sich laut Urteil alle die schweren Folgen zurechnen lassen.

Die drei Mitglieder der „Living Dead Nomads“ aus Wuppertal waren nur deshalb in Herne unterwegs, weil sie sich verfahren hatten. Sie standen mit ihren Motorrädern an einer roten Ampel, als die Angeklagten in einem Auto auftauchten. Sie forderten die Herausgabe der Kutten – als eine Art Demütigung. Laut Urteil wollten sie nicht zulassen, dass andere Rocker durch „ihr“ Gebiet fahren. Als die Kutten nicht herausgegeben wurden, schlugen und traten sie laut Urteil zu.

Im Prozess vor dem Bochumer Landgericht hatten alle vier Geständnisse abgelegt. Nur deshalb sind die Strafen nicht noch höher ausgefallen. „Angesichts der Schwere der Folgen war die Höchststrafe zum Greifen nah“, so Richterin Schön-Winkler. Die hätte bei jeweils zehn Jahren Haft gelegen.

Wie sich im Prozess herausstellte, haben die angeblichen Gebietsansprüche der „Bandidos“ gar nicht bestanden. Die Rocker der „The Living Dead Nomads“ galten bei den „Bandidos“ als neutral. Das war den 27 bis 32 Jahre alten Angeklagten offenbar nicht bewusst.

Der Prozess gegen einen weiteren Angeklagten wird fortgesetzt. Er ist der einzige, der sich noch nicht zu den Vorwürfen geäußert hat.

Gerüchte von einem „Rockerkrieg“ hatten damals schnell die Runde gemacht. Die Polizei erklärte aber schon direkt, dass es keinerlei Hinweise darauf gebe. Bei „Living Dead“ handele es sich um eine friedliche Vereinigung. „In den letzten Jahren sind uns keine gewalttätigen Delikte bekannt“, so eine Polizeisprecherin damals auf WZ-Anfrage.

„Gegründet am 18.Mai 1973 gehört der Living Dead MC zu einem der ältesten Clubs in Deutschland. Das Colour wurde zweimal geändert, bis es 1979 seine bis heute gültige Form erhielt“, heißt es auf der Homepage des Clubs.

In frühen Jahren war der Club mit einem Chapter in Süden Deutschlands vertreten, welches sich aber in guten Einvernehmen vom Mother Chapter Wuppertal löste und eigene Wege ging.“

(dpa/Red)
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