Wuppertaler Meisterwerke Ein rätselhafter Maschinensaal

Wuppertal · Roland Mönig, Direktor des Von der Heydt-Museums, über das Bild von Carl Grossberg.

 Carl Grossbergs Maschinensaal von 1925.

Carl Grossbergs Maschinensaal von 1925.

Foto: Von der Heydt-Museum

Carl Grossberg (1894-1940) gehört zu den bekanntesten Malern aus dem Wupper-Tal. Seine Ausbildung begann er mit einem Architekturstudium, das vom Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg unterbrochen wurde. Von 1919 bis 1921 studierte er am Weimarer Bauhaus bei Lyonel Feininger. In Grossbergs Frühwerk überwiegen Stadtbilder: sachlich, funktional, emotionslos. Berühmte Ansichten aus dem Wupper-Tal verewigte er so, etwa die Brücke über die Schwarzbachstraße. Parallel zu diesen Stadtansichten entstanden Mitte der 1920er Jahre die vom Künstler als „Traumbilder“ bezeichneten fantastischen Werke, die sich einer logischen Interpretation entziehen. Gestirne, Pflanzen und exotische Tiere sind in das Kompositionsschema dieser Bilder wie selbstverständlich integriert.

Dass die Technik als Thema sich in der Malerei wiederfand, war typisch für die Kunst der Neuen Sachlichkeit der 1920er Jahre. Die neusachlichen Künstler stellten die neue technische Zivilisation zwar illusionslos und distanziert dar, verbanden mit ihr aber die Hoffnung, die Welt zu beherrschen und zu kontrollieren. Von dieser Haltung zeugen auch die menschenleeren Industrie- und Maschinenbilder des Elberfelder Malers.

Kurz nach einer Hollandreise entstand die erste Fassung des für Grossberg zentralen Themas „Maschinensaal“. Hier verbinden sich die Detailfreude technischer Darstellungen mit einer fast surrealen Fantastik. Im Zentrum des Bildes steht eine eng umgrenzte Druckmaschine, umgeben von Motiven, die nur schwer mit ihrer ausgeklügelten Technik zu vereinbaren sind, darunter ein zähnefletschender Affe, eine mittelalterliche Madonna und ein auf dem Kopf stehender Globus, auf dem Afrika und Australien fehlen. Der sonst nüchterne Raum gibt durch Maueröffnungen den Blick frei auf eine hügelige, kahle Flusslandschaft. Kein Mensch weit und breit: Die wenigen Häuser neben der Bahnstrecke wirken leer und abweisend, während einzig der aus dem Schiffschornstein aufsteigende Rauch die Gegenwart menschlicher Existenz vermuten lässt. Auch wenn die Herkunft einzelner „Traum“-Motive nachzuweisen ist, etwa des Affen aus dem Buch „Naturgeschichte der Säugetiere“, entzieht sich das Zusammentreffen dieser Versatzstücke einer schlüssigen Deutung.

Grossberg interessierte sich ab den 1930er Jahren zunehmend für architektonische und technische Anlagen, weil diese, so der Künstler selbst, „das Gesicht unserer Zeit bestimmen“. Immer häufiger erhielt er Aufträge von der Industrie. Er pflegte auch weiterhin Kontakte zu den Wuppertaler Fabrikanten, von denen er gefördert wurde. Grossberg malte in den hiesigen Fabriken und Anlagen und studierte die Maschinen.

Das rätselhafte Bild „Maschinensaal“ ist Teil unserer Ausstellung „Vision und Schrecken der Moderne – Industrie und künstlerischer Aufbruch“, die aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung von Corona noch nicht eröffnet werden konnte. Wir hoffen, dass wir sie bald zugänglich machen können.

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