Psychologin: „Ich habe ihr den Missbrauch ganz klar geglaubt“

Im neuen Prozess um angeblichen Kindesmissbrauch berichten Zeuginnen von traumatisierten Frauen – den mutmaßlichen Opfern.

Wuppertal. Von großem Leid, gebrochenen Charakteren und traumatisierten Frauen berichteten am Mittwoch eine Psychotherapeutin und eine Sozialarbeiterin vor dem Landgericht. Beide sagten als Zeuginnen im neu aufgerollten Fall um den angeblichen Kindesmissbrauch dreier Schwestern durch ihren Schwager aus. Der 32-Jährige sitzt auf der Anklagebank. Die beiden Zeuginnen waren seinerzeit mit der Untersuchung und der psychologischen Begleitung der Frauen befasst. Das, was das Gericht von ihnen zu hören bekam, waren Leidensgeschichten der schlimmsten Art.

Die Psychotherapeutin hatte die jüngste der Schwestern - sie war zum Tatzeitpunkt zehn Jahre alt - im Klinikum untersucht. Das Mädchen sei körperlich definitv noch ein Kind und äußerst verhaltensauffällig gewesen. Die Frage, ob sie eindeutige Zeichen für einen sexuellen Missbrauch bei dem Mädchen diagnostiziert habe, beantwortete sie deutlich: "Ich sage hier ganz klar, dass ich ihr den Missbrauch geglaubt habe."

Die Sozialarbeiterin, die alle drei Mädchen kennt, berichtete von der schwierigen Situation, die der erneute Prozess für die Frauen mit sich bringt. "Das bedeutet für sie eine Re-Traumatisierung." Eines der mutmaßlichen Opfer habe ihr gesagt: "Es läuft alles wieder vor meinem inneren Auge ab." Alle drei Schwestern leiden auch heute unter Angstzuständen und Panikattacken, so die Zeugin.

Unter großen Qualen haben sie über die Ereignisse sprechen können. "Ich habe Angst, mich daran zu erinnern, weil ich sonst in ein ganz schwarzes Loch falle, aus dem ich nicht mehr heraus komme", habe eine der Schwestern gesagt. Vor dem letzten Gerichtsverfahren im Jahr 2006 habe sie Stoffwechselstörungen und Blutungen bekommen.

Die Mädchen hatten bei dem permanenten Ärger mit der Mutter häufig bei der großen Schwester und deren Mann übernachtet. Dort sei es zu den Übergriffen gekommen - teilweise im Schlaf.

Drei Jahre lang habe der Angeklagte sie jeden zweiten Tag missbraucht - "zählen sie zusammen, wie oft das war", zitierte die Sozialarbeiterin weiter aus den früheren Gesprächen mit den Mädchen. Die Folgen: Die spätere Ehe der Frau sei über diesen unauslöschlichen Erinnerungen zerbrochen. "So wie ich damals gedemütigt wurde, habe ich meinen Mann gedemütigt", referierte die Zeugin die Aussage des mutmaßlichen Opfers.

Jegliche Arten von Berührungen begegne sie mit Ekel und Gefühlstaubheit. "Es liegt eine ganz gravierende Störung bei der Frau vor", unterstrich die Expertin. Die ältere der Schwestern hatte bereits im Kindesalter eine Vergewaltigung erlebt. Ihre resignierte Bilanz: "Das Hoffen hat sich in meinem Leben nicht gelohnt." Der Prozess wird fortgesetzt.

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