Prickelnde Werbung: Die Schau der köstlichsten Bierplakate

Historisches Zentrum zeigt Plakate aus der Sammlung Heinrich Becker.

Wuppertal. Während das Reinheitsgebot bald 500 Jahre alt wird, ist der sprudelnde Überfluss ein vergleichsweise junges Phänomen: Erst die Industrialisierung des 19. Jahrhunderts machte Bier zum Massenprodukt. Am kommenden Sonntag eröffnet das Historische Zentrum die Ausstellung „Litfaß-Bier“ und wirft damit einen Blick auf die Strategien der Biervermarktung. Der Berliner Drucker Ernst Litfaß, dessen Säulen teils heute noch Werbeträger sind, spielte dabei eine tragende Rolle.

Bier löscht Männerdurst, hat aber laut Werbung noch zahlreiche Qualitäten, die einen wahren Zauber vermuten lassen. Was dem Gebräu so alles nachgesagt wird, ist einer erstaunlichen Fülle von Plakaten und Emailleschildern zu entnehmen, die das Historische Zentrum dem Publikum zeigt. Die ergötzliche Sammlung ist Leihgabe des Gaffel-Chefs Heinrich Becker, dessen Sachverstand und Finanzkraft eine so seltene Kollektion zu verdanken ist.

Da einst herausragende Künstler wie Alfons Mucha und Ludwig Hohlwein mit der Plakatgestaltung beauftragt wurden, erweist sich die Ausstellung nebenbei als aufschlussreiche Schau in die Geschichte der Gebrauchsgrafik. Mit verhaltener Suggestionskraft wird im 19. Jahrhundert das Getränk des Bierkönigs Gambrinus gefeiert und Einblick in sein lustvolles Reich gegeben. Später mischen sich zunehmend Sexsymbole in die Verkaufsstrategien.

Da Wuppertal beträchtlichen Anteil an der rheinisch-westfälischen Bierschwemme hatte, widmet sich ein Teil der Ausstellung den lokalen Brauereien. Vor allem die Musketiere der Wicküler-Werbung nehmen breiten Raum ein. Dass die reitenden Haudegen, die in manchem Werbeclip ihre Heldentaten vollbrachten, im richtigen Leben Angestellte der Brauerei waren, dürfte die heutige Werbebranche verblüffen. Den Besucher erfreuen sie gerade in ihrer bierlaunigen Unbedarftheit. Mit Freude ist deshalb zu vernehmen, dass es dem Museum gelang, einige der Musketier-Veteranen zu finden und für das Rahmenprogramm der Ausstellung zu gewinnen. Das macht die Schau endgültig zum Großereignis im Wuppertaler Museumsgeschehen.

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