Stadt und GMW gestehen Fehler ein und planen Umzug neu Pläne für Container-Schule scheitern an Kosten und fehlenden Bauanträgen

Wuppertal · Die Stadt muss immense Kostensteigerung und fehlende Bauanträge einräumen. Umzug des Johannes-Rau-Gymnasiums und der Gesamtschule Else Lasker-Schüler verzögern sich weiter.

 Der Umzug in Container  auf der Hardt ist gescheitert.

Der Umzug in Container  auf der Hardt ist gescheitert.

Foto: picture alliance / dpa/Carmen Jaspersen

Ein Planungschaos von einem beträchtlichen Ausmaß mussten die Stadtspitze und das Gebäudemanagement der Stadt Wuppertal (GMW) in Bezug auf die Sanierung des Johannes-Rau-Gymnasiums und der Gesamtschule Else Lasker-Schüler am Montag eingestehen. Der für beide Schulen während der Sanierung vorgesehene Umzug in einen Container-Schulbau auf der Hardt lässt sich weder im geplanten Zeit- noch Kostenrahmen realisieren. Der Abriss der früheren Pädagogischen Hochschule beziehungsweise Justizvollzugsschule wurde vorerst gestoppt.

Der Stadtrat hatte beschlossen, die Gebäude auf der Hardt abzureißen und dort Container aufzubauen. Um die Modernisierung der beiden Schulen vornehmen zu können, sollte zunächst das Johannes-Rau-Gymnasium das Ausweichquartier auf der Hardt beziehen. Nach dem Abschluss dieses Projektes sollte der vorübergehende Umzug der Else Lasker-Schüler-Gesamtschule folgen. Bis 2026 sollten beide Großprojekte abgeschlossen sein. Nun wird sich der Zeitplan um mindestens anderthalb bis zwei Jahre verschieben, so Mirja Montag, Leiterin des GMW.

„Wir werden neue Lösungen für die Ersatzunterbringung der Schulen finden müssen. Das ist eine dramatische Situation für die betroffenen Schulen“, sagte Oberbürgermeister Uwe Schneidewind. Es sei sehr wichtig, den Vorgang sehr gründlich aufzuarbeiten, um wieder Vertrauen herzustellen. „Wir müssen sicherstellen, wie diese Prozesse künftig besser gestaltet werden können. Wir werden auf die Schulen zugehen, um die Situation für Schüler und Lehrer erträglich zu machen“, so der Oberbürgermeister.

Mirja Montag gestand für das GMW ein, dass es versäumt worden sei, eine bauartbezogene Genehmigung beim Landesbauministerium für den mehrgeschossigen Containerbau einzureichen. In der Flüchtlingskrise habe es Erleichterungen bei der Genehmigung von Containerbauten gegeben, was aber seit 2019 nicht mehr gelte. Der Beigeordnete Arno Minas wies darauf hin, dass Container wie Baustoffe zu behandeln seien. Wenn es keine Typenzulassung gebe, sei eine Brandschutz-Einzelzulassung durch das Ministerium erforderlich.

Außerdem ist das GMW bei der Ausschreibung von falschen Preisgrundlagen für die Container ausgegangen. Die Miete der Container war pro Schule mit Kosten von 2,5 bis 3 Millionen Euro veranschlagt worden. Die Ausschreibung habe mehr als doppelt so hohe Kosten ergeben. Sollte es bei der Containerlösung bleiben, müssten sie in die allgemeinen Baukosten einfließen.

Gymnasium Johannes Rau und „Else“ wurden kalt erwischt

Bis März sollen Alternativvorschläge - auch zum Standort der Übergangsschule - gesammelt und gesichtet werden. Im Mai soll der Rat dann über ein neues Konzept entscheiden. Eine mögliche Option ist der Erhalt des Schulgebäudes auf der Hardt, das aber vor einer Nutzung als Ausweichquartier der beiden Schulen saniert werden müsste. Die Kosten hatte das GMW je nach Art der Folgenutzung auf drei bis 15 Millionen Euro geschätzt. 

Derweil erneuerte Carsten Gerhardt, Vorsitzender der Wuppertalbewegung, das Angebot seines Vereins, einen Bausachverständigen zu beauftragen, um die Sanierungskosten zu ermitteln. Der geplante Abriss der ehemaligen Pädagogischen Hochschule hatte zum Teil heftige Kritik ausgelöst. Wie Mirja Montag berichtete, sei der erste Abschnitt der Schadstoffsanierung abgeschlossen. Das Gebäude werde jetzt wetterfest gemacht, die Ausschreibung für den Abriss werde aufgehoben.

Christiane Genschel, Leiterin des Ganztagsgymnasiums Johannes Rau, fühlt sich „verschaukelt“. Über die Probleme erfuhr sie am Montagmorgen aus der WZ, eine Vorwarnung habe es nicht gegeben. „Ich bin fassungslos.“ An der Siegesstraße habe man vor Weihnachten bereits mit den ersten Überlegungen für den Umzug angefangen, so die Direktorin - umsonst. Gerade in der Corona-Zeit habe die Schule eigentlich anderes zu tun. Dass das Gymnasium seit Jahren „in der Luft hängt“, sei nicht hinnehmbar.

Schon 2015, als sie an die Siegesstraße wechselte, wurde über einen Umzug und die Sanierung gesprochen. Ursprünglich sollte das GGJR schon im Herbst 2021 in seine „neue“ Schule zurückkehren. Jetzt klappt bis zu diesem Zeitpunkt nicht einmal der Umzug. Viele Schüler, die an der längst abgeschlossenen Phase 0, der Konzeptplanung, mitgewirkt haben, werden gar nicht mehr das „neue“ GGJR erleben. Ebensowenig wie Genschel, die im Sommer 2022 in Ruhestand geht.

Die ungewisse Zukunft dürfte auch weiterhin Auswirkungen auf die Anmeldezahlen haben. Unter den Eltern spreche sich das natürlich herum, man wisse, welche Schulen saniert seien und welche nicht, sagt Genschel. Im aktuellen Schuljahr gibt es nur zwei fünfte Klassen - und das auch nur, räumt Genschel ein, weil Schüler, die an anderen Schulen nicht unterkamen, zum GGJR wechselten. Auch für das kommende Schuljahr wird es maximal zweizügig. Die Kollegen seien frustriert und sie selbst verliere die Glaubwürdigkeit in der Lehrerschaft, aber auch bei den Eltern und Schülern, klagt Genschel.

„Ich war entsetzt, aber was soll man jetzt machen?“, fragt Dorothee Kleinherbers-Boden, Leiterin der Gesamtschule Else Lasker-Schüler. Die Nachricht sei unerwartet gekommen, die Hoffnung schon noch da gewesen, dass der Zeitplan noch passt. Man habe jetzt im Grunde keine Alternative, weil die Stadt zum Beispiel das Gelände am Bahnhof Mirke, das Kleinherbers-Boden nach einem Gespräch mit der Utopiastadt im Auge hatte, als nicht geeignet abgelehnt hatte.

Neben dem schlechten Zustand des Gesamtschul-Altbaus ist auch der fehlende Platz ein Problem. Für die Seiteneinsteigerklassen seien zum Beispiel Fach- in Klassenräume umgewandelt worden. Aber jetzt gebe es nichts mehr zum Umwandeln. Man hoffe zumindest, dass die Stadt der „Else“ zwei Container für die Übergangszeit zur Verfügung stellen kann - bis dann irgendwann doch der Umzug ansteht.

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