Plädoyer für den Rollentausch

Autor Arne Ulbricht kümmert sich um die Kinder der Familie — und empfindet das als ein gutes Modell.

Plädoyer für den Rollentausch
Foto: Stefan Fries

Als Kind kamen Arne Ulbricht berufstätige Frauen komisch vor - er kannte von zu Hause das traditionelle Familienmodell. Doch als er selbst Vater wurde, übernahm er die Fürsorge für die Kinder. Wie es dazu kam und wie es ihm damit geht, schildert der Autor amüsant und informativ in seinem Buch „Mama ist auf Dienstreise“.

Der Rollentausch war nicht geplant, sondern entwickelte sich. Denn Arne Ulbricht, ausgebildeter Lehrer und schon immer im Herzen Schriftsteller, fand zunächst keine adäquate Stelle. Seine Frau, eine promovierte Biochemikerin, fasste Fuß in ihrem Beruf und bald auch eine fordernde Stelle in höherer Position.

Also kümmerte sich Arne Ulbricht erst um den Sohn, später auch um die Tochter. Und wurde ein „Vater aus Leidenschaft“. Das ist er bis heute geblieben, wenn er auch inzwischen eine Teilzeitstelle als Lehrer und erste Erfolge als Schriftsteller hat.

In seinem Buch erzählt er diese Geschichte mit vielen Aufs und Abs, die durch zahlreiche selbstironische Anmerkungen über Krisen und Fehler leicht und vergnüglich zu lesen ist. Nebenbei ist auch zu erfahren, dass er vor einem Umzug nach Wuppertal zunächst zurückschreckte, als seine Frau hier eine Stelle fand. Aber das änderte sich: „Ich begann, mich in diese unterschätzte Stadt zu verlieben.“ Auch weil er sie auf Spaziergängen mit den Kindern nach und nach entdeckte. Und weil er die Wuppertaler natürlicher und sympathischer als Berliner und Hamburger findet.

Die Erzählung wird immer wieder unterbrochen von Einschüben. In ihnen denkt er darüber nach, ob ihr Leben auch anders hätte verlaufen können, wie sich die Rollen von Frauen und Männern historisch entwickelt haben, was eigentlich eine Karrierefrau ist, welche Rolle das Elterngeld spielt und warum er das von ihnen gelebte Modell empfehlenswert findet.

Seine Theorie: Die Mutter-Kind-Bindung besteht ohnehin, sie kann auch nicht durch die Abwesenheit der Mutter tagsüber zerstört werden. Aber Väter und Kinder entwickeln eine enge Bindung, wenn sie viel Zeit miteinander verbringen. Auf diese Weise gewinnen die Kinder. Er will nicht missionieren, wünscht sich aber mehr Familien, die sich für dieses Modell entscheiden, einfach, „weil es die Gesellschaft bunter macht“.

Viele davon hat er nicht kennengelernt. In seinem Bekanntenkreis gibt es nur Thomas Koeppen (53), der sich um Tochter Karla (11) kümmert. Auch in dieser Familie verdient die Frau als Steuerberaterin mehr als der Mann, der Krankenpfleger ist. Daher war klar, dass er das Kind versorgt, sie vollzeit verdienen geht. „Das ist ihr schwergefallen“, sagt Thomas Koeppen. „Aber es war die beste Entscheidung für uns.“

Er nahm drei Jahre Elternzeit, arbeitet jetzt wieder 30 Stunden. Und ist dankbar, dass sein Arbeitgeber ihm ermöglicht, nur Frühdienste zu machen. Die drei Jahre Elternzeit seien „die beste Zeit meines Lebens“ gewesen, schwärmt er. Er sei viel mit seiner Tochter herumgekommen, habe heute ein gutes Verhältnis zu ihr. Klar, er habe sich erst in die Rolle hineinfinden müssen, am Anfang sei er unsicher gewesen: „Aber es klappte.“ Und er bestätigt, was Arne Ulbricht sagt: Wenn seine Frau abends nach Hause kommt, „bin ich abgemeldet“.

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