Pflicht- und freiwillige Leistungen: Angst vor Kürzungen

Nirgendwo steht, in welchem Umfang Pflichtleistungen angeboten werden müssen. Soziale Träger fürchten den Kahlschlag.

Wuppertal. Wer glaubt, Pflichtleistungen der Stadt wie etwa die Erziehungs - oder Schwangerschaftsberatung seien vor Kürzungen sicher, täuscht sich. Ein Großteil der Pflichtleistungen (Definition s. Kasten) müssen zwar angeboten werden, aber nirgendwo steht, in welchem Umfang.

Noch bedrohlicher sieht es bei den freiwilligen Leistungen aus. Dort weist das Innenministerium explizit darauf hin, dass arme Kommunen die Kündigung bestehender Verpflichtungen überprüfen sollen. Beides bereitet den Trägern in der Stadt Sorgen.

"Bei Pflichtleistungen ist die Frage nach der Quantität entscheidend. Das macht die Sache so heikel", erklärt Diakoniedirektor Martin Hamburger. So gehörten beispielsweise auch Pflegschaften für besondere Aufgaben oder Vormundschaften für die Stadt zur Pflicht, aber das Angebot könnte theoretisch runtergefahren werden.

Ähnlich sieht es auch bei der Erziehungsberatung, der Schwangerschaftsberatung und in der Wohnungslosenhilfe aus. So würde die Stadt schlimmstenfalls auch ihrer Aufgabe nachkommen, wenn dafür nur noch ein Berater zur Verfügung stünde. Die Folgen mag sich niemand ausdenken.

Für freiwillige Leistungen bekommt die Diakonie für die verschiedensten Bereiche von der Stadt insgesamt rund zwei Millionen Euro pro Jahr. Dazu gehören unter anderem auch die Stadtranderholungen oder die Gemeinwesenarbeit wie etwa der Bewohnertreff "Oase" an der Gustav-Heinemann-Straße.

Ohne die "Oase" würde dort der Vandalismus wieder zunehmen, Jugendgerichtshilfe und ambulante erzieherische Hilfen müssten wieder verstärkt herhalten, hohe zusätzliche Kosten würden entstehen- davon ist die Diakonie überzeugt. "Wenn Kürzungen kommen, sind sie nicht aufzufangen", sagt Hamburger. "Das muss den Verantwortlichen auf Landesebene klar sein."

Stefan Kühn, Sozialdezernent

Sozialdezernent Stefan Kühn bestätigt, dass bei einem Großteil der sozialen Leistungen der Umfang des Angebotes nicht festgeschrieben sei. "Ich glaube nicht, dass wir in Wuppertal ein aufgeblähtes soziales Angebot haben. Ein weiterer Sparkus hätte drastische Folgen."

Auch Peter Hansen von der Färberei, die rund 253000 Euro an Zuschüssen von der Stadt bekommt, fürchtet Kürzungen. "Wir müssten unser Angebot kappen und Leute entlassen." Seit 2000 seien die Zuschüsse sowieso eingefroren. Er fordert - wie viele andere auch - dass Kürzungen vor der Kommunalwahl bekanntgegeben werden müssen. "Wir brauchen Planungssicherheit."

Kämmerer Johannes Slawig bestätigt, dass der Umfang der Pflichtaufgaben in der Haushaltskonsolidierung durchaus reduziert werden könnte - ohne allerdings einzelne Maßnahmen zu nennen. "Die Kommunalaufsicht macht da deutlichen Druck."

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