Neue Kampagne für den Arbeitsmarkt Wuppertal sagt der Langzeitarbeitslosigkeit den Kampf an

Wuppertal · Etwa 10.000 Wuppertaler sind sechs und mehr Jahre erwerbslos. Mit einer Kampagne will das Wuppertaler Jobcenter das nun ändern.

 Die Plakataktion des Jobcenters.

Die Plakataktion des Jobcenters.

Foto: wz

Das Jobcenter will mit der neuen Initiative „fair eingestellt“ die Zahl der Langzeitarbeitslosen in Wuppertal senken und gleichzeitig etwas für das Image dieser Personengruppe tun. 34 000 erwerbsfähige Wuppertaler beziehen Geld vom Jobcenter, davon haben 13 500 Menschen seit mehr als vier Jahren keine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt. Rund 10 000 Menschen stehen seit mehr als sechs Jahren im beruflichen Abseits.

Thomas Lenz, Vorstandsvorsitzender des Jobcenters, problematisiert diese Tatsache: „Diese Menschen isolieren sich zunehmend aus der Gesellschaft.“ Langzeitarbeitslose würden nicht selten soziale Bindungen zu Menschen in Arbeit verlieren. Zudem zeige sich, dass Langzeitarbeitslosigkeit „vererbbar“ ist.

Die Kampagne „fair eingestellt“ soll nun verhindern, dass eine fünfstellige Zahl von Wuppertalern weiter auf dem gesellschaftlichen Abstellgleis bleibt. Ein Teil der Initiative zielt auf die Kommunikation mit Unternehmen ab, die potentielle Arbeitgeber für Langzeitarbeitslose sein könnten. Lenz erklärt: „Unternehmen erhalten eine Unterstützung, die auf die jeweiligen Voraussetzungen und Fähigkeiten der neuen Mitarbeiter ausgerichtet ist.“ Das sei in jedem Fall individuell zu bestimmen. Eine finanzielle Förderung könne sich über einen Zeitraum von einigen Wochen bis zu fünf Jahren erstrecken und einen monatlichen Lohnkostenzuschuss von bis zu 100 Prozent beinhalten.

Dabei will das Jobcenter Unternehmen auch dazu ermutigen, neue Stellen für Langzeitarbeitslose zu schaffen. Die Idee: Nebenaufgaben, die Fachkräfte von ihrer eigentlichen Kernarbeit abhalten, sollen an motivierte Kräfte aus dem zweiten Arbeitsmarkt gegeben werden. Das Unternehmen werde so entlastet und der Lohn des neuen Mitarbeiters wird teils übernommen.

Jobcenter steckt 40 Millionen Euro jährlich in Qualifizierungen

Auch die Qualifizierung übernimmt das Jobcenter. Andreas Kletzander, Vorstand Arbeitsmarkt und Kommunikation, sagt: „Wir unterstützen die Arbeitgeber dabei, passende Angebote für eine Qualifizierung zu finden und erstatten unter bestimmten Voraussetzungen auch Kosten von bis zu 3000 Euro.“ Persönliche Coaches werden eingesetzt, die auch den Arbeitnehmer unterstützen. „Das geht bis hin zu einer Stilberatung“, verrät Kletzander.

Das Geld für „fair eingestellt“ nehme das Jobcenter fast vollständig aus bestehenden Töpfen. Rund 40 Millionen Euro stehen allein für die Fördermaßnahmen zur Verfügung, so Kletzander.

Inbegriffen ist auch eine Imagekampagne - denn Langzeitarbeitslose haben mit einem schlechten Ruf zu kämpfen. Andreas Kletzander weiß, wie sehr in diesem Bereich Fremd- und Eigenwahrnehmung auseinander gehen: „Eine Umfrage hat ergeben, dass 63 Prozent der Leute auf der Straße glauben, dass es Langzeitarbeitslosen an Motivation fehlt.“ Gleichzeitig sagen drei von vier Menschen, die seit Jahren keinen Job haben, dass es ihr größter Wunsch sei, wieder zu arbeiten. Und Projektleiterin Sabine Thrien weiß: „Nur 44 Prozent der Unternehmen sind bereit, vorbehaltlos einen Langzeitarbeitslosen einzustellen.“

Diesem Bild will das Jobcenter mit Plakaten und Postkarten entgegenwirken, die mit den Vorurteilen spielen. Da heißt es etwa: „Langzeitarbeitslose haben keinen Bock - auf Nichtstun“ oder „Langzeitarbeitslose geben auf - andere Acht“. Lenz erinnert daran, wie viel diese stigmatisierte Gruppe in Wuppertal bereits bewegt hat: „In mehr als 100 Projekten bewegen arbeitslose Menschen in der Stadt Großes und Kleines.“ So gäbe es beispielsweise die Nordbahntrasse heute nicht ohne die Arbeitskraft aus der zweiten Reihe.

Nun muss die Initiative aber noch auf Akzeptanz stoßen. Kreishandwerksmeister Arnd Krüger hält die Bemühungen des Jobcenters zwar generell für richtig. Er merkt aber auch an: „Die Frage ist, ob diese Menschen auch bereit sind, einen Schritt nach vorne zu gehen.“ Er habe die Erfahrung gemacht, dass viele Langzeitarbeitslose sich mit ihrer Situation abgefunden haben. Doch das Jobcenter gibt sich selbstbewusst: 67 Prozent der Arbeitsverhältnisse mit Langzeitarbeitslosen seien „nachhaltig“, so Andreas Kletzander. Das heißt: Sie bestehen länger als sechs Monate.

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