Paul Mehling - der Flieger vom Cronenberg

Paul Mehling ist ungeschlagen in seinem 33-Meter-Flug auf der Zillertaler Sprungschanze.

Cronenberg. Geboren ist er auf den Höhen. Man addiere einige schneereiche Winter hinzu und schon sind es gute Voraussetzungen, um eine Alpinisten-Laufbahn einzuschlagen. Paul Mehling ist eine Legende im Bergischen Wintersport: Vom Langlauf über Abfahrt und auch der Königsdisziplin - dem Skispringen.

Zu seinem 80. Geburtstag, den er, wie immer, auf der Piste, irgendwo in den Alpen verbrachte, bekam er das schönstes Geschenk von seinen Kameraden aus dem Cronenberger Ski-Club: Eine Bank, jüngst eingeweiht, mit Blick auf den Teich direkt hinter dem Restaurant Zillertal. Zum Andenken an die Skisprungschanze, die einst dort stand. Die einzige Sprungschanze in einer deutschen Großstadt - eine kleine Sensation. Paul Mehling sprang dort den Rekord von 33Metern. Er konnte niemals überboten werden

Ruhig wirkt er, gelassen, während er berichtet, was bei einem Sprung entscheidend sei. "Der Absprung muss kraftvoll sein und nach vorne gehen. Sonst schafft man es nicht weit", sagt er. Und Mut gehöre dazu. Die Wuppertaler Schanze galt als besonders steil.

Angefangen habe es ziemlich unkomfortabel. Die ersten Spuren fuhr er auf Tonnenbrettern in den Schnee. Damals konnte von einer professionellen Ski-Ausrüstung nicht die Rede sein. Tonnen, Heringstonnen oder Butterfässer, mussten herhalten, um eine Ski-karriere zu beginnen. "Allerdings haben wir uns von den Heringsfässern schnell verabschiedet. Die Bretter mussten über dem Ofen zurechtgebogen werden. die Küche meiner Mutter stank erbärmlich", erinnert er sich. Ein paar Lederriemen drauf genagelt und schon war er fertig, der Ski. damit ging es dann die Cronenberger Berge hinab.

Als die Schanze 1932 errichtet wurde war Paul Mehling noch ein kleiner Junge. Mitglieder des 1929 gegründeten Cronenberger Ski-Clubs kamen auf die doch ein wenig verrückte Idee, die vielen Wuppertalern spannende, Winter-Nachmittage bereiteten: eine Sprungschanze zu bauen. Mit zehn Jahren wagte dann Mehling selbst den Sprung ins Tal.

Im Krieg kam er nach Tschechien zu den Ski-Jägern. Durch Zufall stoß er dort auf drei Mitglieder des Skiclub Cronenbergs. "Es war unglaublich - weit weg von zu Hause lernte er seine zukünftigen Club-Kameraden kennen. Der Beginn einer Freundschaft und seiner Tätigkeit im Skiclub, dem er nach dem Krieg beitrat, vom Skifahren begeisterter denn je.

"Die Schanze allerdings ist im Krieg vollkommen verheizt worden", die Bretter und Balken eigneten sich hervorragend zum Heizen. Erst 1948 wurde sie neu aufgebaut und mit einem großen Neujahrsspringen eingeweiht. "Es war eine heiden Arbeit, sie wieder zu errichten" - es hat sich gelohnt. Eine Geschichte nach der anderen weiß er zu erzählen. Von Doppelsprüngen und Stürzen in den angrenzenden Bach ist die Rede. 1959 kam sogar das Fernsehen und filmte seinen genialen Sprung: 33 Meter weit. Mehrere tausend Zuschauer verfolgten das Geschehen.

"Es war immer was los", sagt er. Sobald Schnee lag, setzten wir uns in einen PKW, einer schnallte sich die Skier an und hängte sich hinten an das Auto. Auf dem Rücken ein großes Schild: "Morgen, 14 Uhr Springen". "Noch ein bisschen Mundpropaganda und schon kamen 500 bis 1000 Zuschauer zusammen".

Während er berichtet, blitzt dann und wann etwas Spitzbübisches auf in seinem Blick. Voller Tatendrang berichtet er über Pläne einer Mattenschanze, um auch in Schneefreien Wintern das Springen zu ermöglichen. Die Ideen scheinen ihm nicht auszugehen.

In den 60ern wurde der angrenzende Teich entschlammt und der Auslauf der Schanze musste für den Matsch herhalten. Schneearme Winter folgten und so wurde die Skurrilität im Zillertal Geschichte. Jetzt steht da eine Bank, zum Andenken an die Schanze und an Paul Mehling, der, so lange er lebt, auf Skiern unterwegs sein wird - so viel ist sicher.

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