Offen gesagt Es geht auch anders

Wuppertal · Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Nicht nur, dass Wuppertals CDU von den Toten auferstanden zu sein scheint, sie zeigt sich obendrein lern- und kooperationsfähig.

 Lothar Leuschen

Lothar Leuschen

Foto: Schwartz, Anna (as)

Wer zuletzt den Eindruck gewonnen hat, dass sich die Christdemokraten einfach nur in ein grünes Bettchen gelegt haben, nachdem es im roten Bettchen zu ungemütlich geworden war, der hat sich getäuscht. Die CDU ist aus der zuletzt lähmenden Partnerschaft mit der SPD im Stadtrat anscheinend frisch und munter hervorgegangen. Und sie erweckt nicht den Eindruck, sich statt von der SPD nun von den Grünen die Butter vom Brot nehmen zu lassen.

Ein erstes Ergebnis der wundersamen Wiederbelebung ist ein für Wuppertals Rathaus ungewöhnliches Personalverfahren. Gesucht wird ein neuer Dezernent, ein Nachfolger des mindestens glücklosen Bürgerbeteiligers, den niemand vermisst. Nicht nur wegen der nachweislich missglückten Personalauswahl ist es gut, dass nun kein neuer Bürgerbeteiliger gesucht wird. Was Wuppertals Dezernentenriege braucht, ist schließlich vielmehr ein Anschieber, der das Notwendige ins Werk setzt. Wuppertal braucht Stadtentwicklung, Wuppertal braucht Wirtschaftswachstum, und Wuppertal braucht eine Politik, die all das in Einklang bringt mit einem hohen Maß an Klima- und Umweltschutz. So etwas scheitert normalerweise daran, dass die CDU das eine will und die Grünen das andere fordern. Nun wollen die Parteien alles in einem neuen Dezernat bündeln. Das ist moderne Politik auf der Suche nach tragfähigen Kompromissen, und außerdem ist es richtig.

Es ist richtig, dass sich der oder die neue Beigeordnete um Wirtschaft kümmert, um den Arbeitsmarkt, um Ansiedlung von Unternehmen. Wer weiß, dass das lokale Jobcenter jedes Jahr annähernd 400 Millionen Euro an Menschen überweist, die mangels Arbeitsstelle auf Hartz IV angewiesen sind, der kann ermessen, was nur 100 neue Stellen im Tal im Haushalt der Stadt bewirkten. Schon aus diesem Grund ist es allerhöchste Zeit, dass sich unmittelbar im Rathaus ein Experte mit diesemThema befasst.

Dass sich die noch zu suchende Person neben Wirtschaft, Stadtentwicklung und Bauplanung auch um Rechtsdinge kümmern soll, macht das neue Dezernat zwar zu einem immensen Ressort, dass die anderen Geschäftsbereiche danach aber auch noch immer ziemlich üppig sind, zeigt, wie notwendig ein zusätzlicher Beigeordneter ist, der auch etwas wegschafft.

Ganz besonderen Reiz bekommt der Personalvorschlag von CDU und Grünen dadurch, dass ausnahmsweise einmal Fachleute nach einem Fachmann oder einer Fachfrau suchen. Es geht nicht darum, welche Partei im Stadtrat für welche Funktionsstelle das Vorschlagsrecht hat, es geht um Qualifikation. Das heißt freilich nicht, dass Menschen mit Parteibuch unqualifiziert sein müssen. Aber die Auswahl des abberufenen Beigeordneten hatte leider nicht zuletzt damit zu tun, dass er Sozialdemokrat war oder noch ist. Das Ergebnis ist bekannt und teuer.

Jetzt spricht freilich vieles dafür, dass die SPD im Stadtrat schon aus Prinzip gegen den Vorschlag der politischen Mitbewerber ist. Das ist schließlich üblich in Stadtparlamenten und geht der SPD umgekehrt nicht besser. Das aber wäre fahrlässig. Denn auch bei genauer Betrachtung gibt es keinen guten Grund dafür, gegen den Zuschnitt des neuen Dezernates zu sein, zumal Grüne und CDU ausdrücklich auf ihr vermeintliches Recht verzichten, einen Getreuen aus den eigenen Reihen mit einem gut bezahlten Posten zu versorgen.

Das könnte Schule machen, und die SPD wäre gut beraten, das nicht zu verhindern. Denn Wuppertal sucht nicht nur einen Superdezernenten, es sucht auch einen Super-Stadtwerke-Chef, dessen Qualität besser nicht davon abhängig sein sollte, dass er das richtige Parteibuch mitbringt. Dafür sind die Aufgaben zu ernst und die drohenden Niederlagen viel zu teuer.

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