Nichts für schwache Nerven

In Stefan Melneczuks neuem Thriller kommt das Unheil per Smartphone. Der Autor feierte stilecht am 31. Oktober Geburtstag.

Hattingen. Grau und schwer klebt der Nebel über dem Hügelland zwischen Ruhrgebiet und dem Bergischen. In dem einsamen Haus, kurz vor dem Ende der Zivilisation ist die Gänsehaut zu Hause. Kein Wunder, ist der „Täter“ doch stilecht am 31. Oktober geboren. Seit 1985 schreibt Stefan Melneczuk dunkle und schräge Geschichten. Frisch gedruckt liegt sein neuestes Werk, „Thunder Rising“ vor.

Das Buch erzählt die Geschichte der Familie Stern, die auf ihrer Heimreise aus dem Sommerurlaub unversehens in größte Gefahr gerät. Ein missglückter Testlauf einer Sendeanlage hat zehntausende Smartphone-Nutzer beim Blick auf ihre Displays um den Verstand gebracht. Sie verwandeln sich in stumpfsinnige, hilflose und unberechenbare Massen. Es gibt nur einen Weg, das Unheil aufzuhalten: Der Sender muss ausgeschaltet werden.

„Thunder Rising ist eine rabenschwarze Mischung aus Thriller, Horror-Roman und Smartphone-Satire“, erklärt Stefan Melneczuk. „Nichts für schwache Nerven.“ Vier Jahre lang hat der Autor an „Thunder Rising“ gearbeitet und dabei nach eigenem Bekunden viel über den Fluch und Segen der Smartphone-Technik gelernt: „Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, welche Langzeitfolgen die Mobilfunk-Strahlung mit ihrer massiv ausgebauten Infrastruktur auf uns alle hat. Wir fahren mit Vollgas in eine Nebelwand und wissen nicht, was uns dahinter erwartet. Das Buch zeigt, was passiert, wenn das dünne Eis, auf dem wir unsere digitale Zivilisation errichtet haben, zusammenbricht. Für mich ist es nach der Arbeit an diesem Thriller keine Frage mehr, ob das passiert. Sondern wann.“

Den Stein ins Rollen brachte neben der Lektüre des Stephen-King-Thrillers „Pulse“ auch die ausgeprägte Beobachtungsgabe des Autors. „An jeder Bushaltestelle sitzen die Menschen, tief in ihre Smartphones vertieft. In Zügen werden kaum noch Gespräche geführt. Selbst Paare sitzen sich wortlos mit dem Blick aufs Display gegenüber.“ Die vage Idee für das Buch war also schnell geboren. „Die ersten Seiten schreibe ich meist noch ohne Konzept“, verrät Stefan Melneczuk. Erst beim Schreiben fügen sich die Handlungsstränge mehr und mehr zusammen, Charaktere entwickeln sich, die Geschichte nimmt Formen an. „Bevor ich ein Buch abschließe, lese ich es 30 bis 40 Mal“.

Vor einigen Tagen dann brachte der Paketdienst die ersehnte Fracht: das neue Werk in gedruckter Form. Bei einer Lesung in der Sprockhöveler Buchhandlung von Helga Schulz stellte Stefan Melneczuk „Thunder Rising“ seinen Lesern vor. Die Resonanz: bisher positiv. „Bei der Beschreibung von typischen Verhaltensweisen von Smartphone-Nutzern fanden sich einige Zuhörer wieder. Natürlich klingelt auch bei jeder Lesung ein Telefon. Das sorgt schon für Lacher.“ Die Geschichte bewegt sich auf einem schmalen Grat zwischen Horror und Satire.

Kaum ist das aktuelle Werk auf dem Markt, da hat Stefan Melneczuk schon wieder den Griffel gezückt. „Ich habe einige Kurzgeschichten in Planung“, verrät er. Sein nächstes Buch aber wird auf der Wunschliste der Horrorfans wohl eher nicht ganz oben stehen. „Es wird ein Sachbuch. Und es geht um Liebe und Partnersuche.“ Der Stoff für Geschichten geht jedenfalls vorerst nicht aus.

Vielleicht liegt es auch daran, dass der „Tatort“, an dem die Werke von Stefan Melneczuk entstehen, keinen Handyempfang hat. Hier haben Gedanken und Ideen noch Luft zum Atmen und zum Wachsen.

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