Wuppertal Neumarkt: „Der Neptunbrunnen zieht magisch an“

Der Neptunbrunnen am Neumarkt ist beliebt — als Verweilort, Treffpunkt und als Fotomotiv. Das Denkmal hat eine bewegte Geschichte.

Wuppertal: Neumarkt: „Der Neptunbrunnen zieht magisch an“
Foto: Stefan Fries

Zentrum. Für Nicolas gibt’s kein Halten mehr. Der Zweijährige will unbedingt hinauf auf den Neptun-Brunnen. Seine Eltern Martin und Anke Hinz kommen kaum hinterher. Der Vater hebt ihn hoch. Dann darf Nicolas an seiner Hand auf dem Beckenrand entlang gehen. „Balancieren ist für ihn das Größte - und Wasser“, erklärt Anke Hinz. „Als wir heute Morgen hier waren, sagte er gleich: Zum Brunnen gehen!“

Wuppertal: Neumarkt: „Der Neptunbrunnen zieht magisch an“
Foto: Stefan Fries/Sammlung Magner (Begegnungsstätte Alte Synagoge)

Wenn die Familie aus Essen ihre Wuppertaler Bekannte Barbara Schwarz besucht, geht man gern gemeinsam zum Brunnen am Neumarkt vor dem Elberfelder Rathaus. Wegen Nicolas natürlich. Und wegen „der schönen Figuren“, wie Anke Hinz sagt. Neptun, der mit seinem Dreizack hoch auf dem Bau thront. Den anderen Meeresgöttern, Nixen und Seeungeheuern unter ihm, die das Wasser spenden.

Wuppertal: Neumarkt: „Der Neptunbrunnen zieht magisch an“
Foto: Stefan Fries/Sammlung Magner (Begegnungsstätte Alte Synagoge)

Barbara Schwarz macht Fotos von der ganzen Familie. Nicolas hebt die Arme in die Luft und jauchzt vor Vergnügen. Danach wollen seine Eltern den Samstag nutzen und noch etwas einkaufen. Aber als sie schon Richtung Kaufhof gehen, läuft Nicolas noch einmal zurück. „Der Brunnen zieht magisch an!“, ruft seine Mutter und lacht.

Ein Anziehungspunkt nicht nur für Eltern und Kinder, die spielen und toben wollen. Sondern für alle, deren Weg zum Neumarkt führt und die Zeit haben. Während am Vormittag nur ein paar Leute auf dem Rand hocken und Jungs auf Fahrrädern ihre Runden um den Brunnen drehen, werden ab Mittag die Sitzplätze rund um das große Becken knapp.

Die einen stellen ihre Einkaufstüten ab und gönnen sich eine Verschnaufpause. Andere essen, was sie von den Marktbuden und Cafés mitgebracht haben. Es wird telefoniert und mit dem Handy gespielt, es wird geraucht und Bier getrunken.

Martha (17) und Sarah (16) haben Milchshakes in der Hand. „Man kann hier schön sitzen“, sagt Martha mit Blick auf den Brunnen. Und werde nicht so schnell gestört, ergänzt ihre Freundin.

Auch als Denkmal, das man schwer übersehen kann, erfüllt der Neumarkt-Brunnen seinen Zweck. „Das ist schon ein Treffpunkt“, meint Finn (14). „Da weiß jeder, wo es ist.“ Mit seinem gleichaltrigen Kumpel Nabil wartet er auch gerade auf Freunde. Finn kann verstehen, dass der Brunnen auch für Touristen eine Attraktion ist. „Der ist richtig schön gebaut.“

Tatsächlich sitzen hier nicht nur Besucher aus Solingen, Gevelsberg und dem Rheinland, die zum Shoppen gekommen sind. Ein paar sind von weiter weg und schießen Fotos vom Brunnen. Jayne Mark und Gerard Murphy kommen aus „Down Under“. Das australische Paar macht eine sechswöchige Europareise. In Ennepetal haben sie Freunde besucht und machen in Wuppertal einen kleinen Rundgang.

Der Neumarkt-Brunnen interessiert sie als historischer Ort. Australien sei gerade einmal 250 Jahre alt, betont Murphy. In Deutschland dagegen begegne einem die Vergangenheit in jeder Stadt.

Dabei hat der im Jahr 1901 eingeweihte Brunnen selbst noch eine ziemlich kurze Geschichte. Umso bewegter waren die Anfangsjahre des Bauwerks, das der Elberfelder Verschönerungsverein der Stadt schenkte. Die gut sichtbaren Geschlechtsteile der männlichen Meereswesen lösten damals einen Sturm der Entrüstung aus. Die Kirchen protestierten. Die Empörung führte zu einer nächtlichen Zerstörungsaktion, bei der einige Figuren „kastriert“ wurden. Der oder die Täter blieben unerkannt.

Um den Streit um das Denkmal zu beenden, erklärte sich August von der Heydt, Vorsitzender des Verschönerungsvereins, damals zu einem Kompromiss bereit. Die Körpermitte von Neptun und Genossen wurde mit großen Blättern verhüllt. Deshalb bietet der Brunnen bis heute einen hundertprozentig jugendfreien Anblick.

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