Offen gesagt Neues Spiel, neues Glück

Wuppertal. Üben konnten die Stadtverwaltung und die Wuppertalbewegung in den vergangenen zehn Jahren mit der Nordbahntrasse genug. Jetzt gilt es, die stillgelegte Schwarzbachtrasse an die Nordbahntrasse anzubinden.

Länge: knapp zwei Kilometer, Kosten: etwa 2,5 Millionen Euro. Im Grunde sollte das ein Klacks sein. Der große Fahrradweg von Vohwinkel im Westen bis zur Stadtgrenze am Tunnel Schee im Osten ist schließlich fast zehnmal so lang und mehr als zehnmal so teuer gewesen. Letzteres lag an an Kompetenzgerangel und daran, dass der Goliath Stadtverwaltung dem David Wuppertalbewegung zeigen wollte, wie Profis einen Fahrradweg machen. Das Ergebnis kann sich zwar sehen lassen und macht von Flensburg bis Passau Furore, aber da und dort wäre weniger vielleicht auch mehr und billiger gewesen, beispielsweise bei diesen seltsamen Noppen, den sogenannten taktilen Elementen auf der Fahrbahn.

Sei’s drum. Die Nordbahntrasse ist der Star unter den Fahrradwegen in Deutschland, wenn nicht sogar in Europa. Umso schöner ist es, dass sie um die Schwarzbachtrasse verlängert werden kann. Das hätte zur Folge, dass zigtausende weitere Wuppertaler an den Radweg angeschlossen wären,

Wenn der Ausbau allerdings so vonstatten geht wie das Werden der Nordbahntrasse, werden vermutlich viele Kinder von heute Rentner sein, wenn sie erstmals das neue Stück Radweg benutzen.

Deshalb ist es ein gutes Signal, dass Oberbürgermeister Andreas Mucke (SPD) höchstselbst für den Umbau der Schwarzbachtrasse zu einem Freizeit- und Fahrradweg Partei ergreift. Denn der Grundton aus so mancher Amtsstube im Rathaus verheißt schon wieder nichts Gutes. Dort wechselt das Argument „kein Geld“ mit dem Argument „kein Personal.“ Im Ergebnis bedeutet das jedes Mal: kein Fortschritt.

So ist Stadtentwicklung aber nicht mehr zu machen. Auch die Bürger Wuppertals haben keine Lust mehr darauf zu warten, dass sich erst der große Dampfer Rathaus in Bewegung setzten muss, ehe überhaupt etwas geschieht. Die Geschichte der Nordbahntrasse ist zugleich ein mahnendes und mutmachendes Beispiel dafür, wie eine Stadt sich verändern kann. Sie mahnt, dem Wunsch der Bürgerschaft in gebotener, vertretbarer Weise zu folgen, sie mahnt die Stadtverwalter und Kommunalpolitiker, ihren Bürgern mehr Vertrauen zu schenken. Und die Nordbahntrasse macht wie auch die vollständig privat finanzierte Junior Uni Mut, Projekte anzupacken, die scheinbar nicht zu realisieren sind.

Dass sich die Wuppertalbewegten um Carsten Gerhardt nicht haben ins Bockshorn jagen lassen und dass die Stadtverwalter um den damaligen Oberbürgermeister Peter Jung (CDU) doch noch die Kurve gekriegt haben, führt heute dazu, dass Wuppertal als moderne Stadt im Wandel wahrgenommen wird. Wenn sich diese Erkenntnis nun auch noch bis in die letzten Büros des Rathauses herumspricht, dann wird es was mit der Umwidmung der Schwarzbachtrasse — in einem vernünftigen Zeitraum zu vertretbaren Kosten. Sollten sich die Bremser und Verzagten allerdings durchsetzen, wäre das ein Schlag ins Gesicht all jener, die für bürgerschaftliches Engagement stehen. Doch das wird Andreas Mucke nicht zulassen, sonst hätten seine Wähler ihn vor knapp einem Jahr fürchterlich missverstanden.

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