Nette Geste, Raub oder Betrug? Entscheidend war das Messer

Warum sich ein Wuppertaler (34) wegen Raubes vor Gericht verantworten musste, aber nur wegen Betrugs bestraft wird.

Wuppertal. Als Gutmenschen würde er sich selbst nicht bezeichnen. Trotzdem wollte ein 34 Jahre alter Wuppertaler im Dezember 2009 zunächst nur einem Jugendlichen helfen, als er nachts mit dessen Geld in eine Kneipe ging, um Zigaretten für den damals 16-Jährigen zu kaufen. Weil er sich dann anders entschied, musste er sich am Donnerstag wegen Raubes vor dem Landgericht verantworten.

Laut Anklage soll der 34-Jährige tatsächlich am Berliner Platz Zigaretten für den Minderjährigen gekauft und ihm gegeben haben. Doch dann soll der mehrfach vorbestrafte Mann ein Messer gezogen und den Jugendlichen zur Herausgabe von 50 Euro gezwungen haben.

Der Angeklagte schilderte den Fall am Donnerstag völlig anders: Er habe sich nach dem Zigarettendeal 50 Euro vom Zeugen geliehen, weil er in der Kneipe Kokain kaufen wollte. Der Jugendliche habe ihm das Geld freiwillig gegeben, weil er versprach, kurze Zeit später am Geldautomaten die Summe zurückzuzahlen.

Der Angeklagte

Am Automaten versuchte der Angeklagte, dann auch Geld abzuheben. Dass sein Konto leer war, wusste er allerdings vorher: „Das war kein Raub, das war Betrug“, belehrte er Richter und Staatsanwalt. Seiner Aussage nach befanden sich während der ganzen Begegnung in Oberbarmen drei Jugendliche bei ihm. Das mutmaßliche Opfer hatte bei der Polizei ausgesagt, dass seine beiden Freunde sich zwischenzeitlich entfernt hatten — und deshalb die Bedrohung mit dem Messer nicht gesehen hatten.

Doch die schwammige Erinnerung des mutmaßlichen Opfers bestätigte eher die Variante des Angeklagten. Obwohl der zum Tatzeitpunkt alkoholisierte Zeuge bei der Polizei zweimal ausdrücklich von einem Messer an der Kehle berichtet hatte, erinnerte er sich im Zeugenstand nicht. Im Gegenteil: Er gab zu, bei seinen ersten Aussagen übertrieben zu haben.

So behielt der Angeklagte mit seiner Prognose recht. Er wurde nicht wegen Raubes, sondern wegen Betrugs verurteilt: Unter Einbeziehung von vier weiteren Straftaten — unter anderem Diebstahl und Drogenbesitz — wurde er zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Ebenfalls mit ins Urteil einbezogen: der Kokainkauf in der Tatnacht. Als Bewährungsauflage muss der 34-Jährige ständigen Kontakt zu einem Bewährungshelfer halten und eine Gesprächstherapie wegen seines Drogenproblems beginnen.

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