Debatte Nazi-Vergangenheit: Umstrittene Breker-Skulptur bleibt in Wuppertal

Wuppertal · Wegen ihres Schöpfers, der unter den Nationalsozialisten Karriere machte, ist um eine Figur an einer Schule in Wuppertal immer wieder gestritten worden. Nun gibt es eine Entscheidung.

 Arno Brekers Statue Pallas Athene soll am Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium stehen bleiben.

Arno Brekers Statue Pallas Athene soll am Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium stehen bleiben.

Foto: Nein/Keil, Kurt

Seit 1957 empfängt eine Statue der Pallas Athene Besucher des Schulgeländes des Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasiums. Wegen ihres Schöpfers Arno Breker geriet die Figur immer wieder in die Diskussion. Auch jetzt im Rahmen der Schulsanierung. Doch die städtische Kommission für eine Kultur des Erinnerns empfahl jetzt, die Figur zu erhalten – bei gleichzeitig weiterer Auseinandersetzung mit ihr.

Der Bildhauer Arno Breker, geboren 1900 in Elberfeld, ist umstritten. Denn seine Skulpturen gefielen Adolf Hitler und in der Folge machte der Künstler im nationalsozialistischen Staat Karriere. Er erhielt zahlreiche öffentliche Aufträge und Privilegien. Seine heroischen Figuren standen sinnbildlich für das Menschenbild der Nationalsozialisten. Dennoch wurde er nach dem Krieg nur als „Mitläufer“ eingestuft.

Mit der Statue für das WDG beauftragte die Stadt Breker 1954, 1957 wurde die überlebensgroße Bronzefigur aufgestellt. Die Rolle des Künstlers im Nationalsozialismus war damals kein Thema, das kam erst etwa ab dem Jahr 2000.

 Auch diese Friedensgöttin, zu sehen auf dem Varresbecker Friedhof, wurde von Arno Breker geschaffen.

Auch diese Friedensgöttin, zu sehen auf dem Varresbecker Friedhof, wurde von Arno Breker geschaffen.

Foto: Ulrike Schrader

2003 wurde die Statue von Unbekannten vom Sockel gestoßen – als Kriegsgöttin wegen des US-Angriffs auf den Irak. Erneut wurde diskutiert, dann die Wiederaufstellung beschlossen. Eine anonyme Spende ermöglichte ihre Restaurierung und eine Erläuterungstafel. Auf ihr distanzierte sich die Schule von Brekers Rolle im NS-Staat, erklärte, sie sehe in Athene eine Repräsentantin von Weisheit, Wissenschaft und Künsten. Das Kunstwerk solle als Zeitdokument zum Nachdenken auffordern.

Im Zuge der Schulsanierung
kam die Diskussion wieder auf

Zuletzt kam die Diskussion erneut auf. Im vergangenen Jahr beantragte die Schule eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung, die Statue im Zuge der Schulsanierung zu entfernen. Über die schwierige Frage beriet die städtische Kommission für eine Kultur des Erinnerns. Und kam bei ihrer aktuellen Sitzung zu dem Ergebnis, es sei besser, die Figur zu erhalten und sich weiter mit ihr auseinanderzusetzen.

Oberbürgermeister Andreas Mucke erklärt: „Genau für solche Fragen ist die Kommission da, dass Vertreter des Rats und Fachleute ohne Öffentlichkeit Dinge historisch einordnen und zu Beschlüssen kommen, die von allen getragen werden.“

Für das Ergebnis hatte Carmen Klement, Beauftragte für Kunst im öffentlichen Raum, in einer gutachterlichen Stellungnahme plädiert, ebenso Ulrike Schrader, Leiterin der Begegnungsstätte Alte Synagoge und Mitglied in der Kommission.

Carmen Klement argumentierte unter anderem, die Figur habe den Charakter der Schule als humanistisches Gymnasium und die Verbindung zum Namensgeber, dem Archäologen Wilhelm Dörpfeld, deutlich machen sollen. Sie sei ein Zeitdokument für die 50er Jahre. Fast zeitgleich habe die Stadt die viel stärker kritisierte Figur „Die Sitzende“ von Henry Moore erworben, eine Plastik ganz anderer Stilrichtung. Diese Widersprüchlichkeit bei der Kunstauswahl sei auch eine typische Zeiterscheinung. Die zurückhaltende Gestaltung der Pallas Athene, so Clement, vermittle nicht ein heroisches, sondern ein humanes Menschenbild. Und zeige die Gratwanderung der Stadt zwischen der Orientierung an Neuem in der Kunst und dem Rekurs auf Herkömmliches.

Kein „faschistischer Stil“
an der Figur zu erkennen

Auch Ulrike Schrader sieht an der Figur keinen „faschistischen“ Stil. Sie verweist zudem auf eine Schwesterfigur Brekers, eine Friedensgöttin, auf dem Varresbecker Friedhof. So verständlich die Vorbehalte gegen Arno Breker seien, sei es aber angemessen, nicht nur nach „unbelasteten Helden“ zu suchen, sondern Menschen in ihrer Widersprüchlichkeit wahrzunehmen.

Sie spricht sich dagegen aus, die Figur und damit eine problematisch empfundene Historie zu „entsorgen“: „Man sollte die Chance zur Auseinandersetzung ergreifen.“ Ansatzpunkte dafür gebe es, etwa Arno Brekers Biografie, Kunst in der NS-Zeit, andere Künstler der Zeit, Darstellungen der Athene oder andere Kunstwerke im „Skulpturenpark Johannisberg“. Eine neue Tafel – die alte ist verschwunden – könne die Statue intelligent kommentieren.

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