Wuppertal Nachts, wenn die Gestapo schellte

Eine Sammlung von Zeitungsartikeln zeigt, wie Bürger in Wuppertal gegen die NS-Ideologie Stellung bezogen. Die Herausgeber stellten das Buch im Haus der Jugend vor.

 Sebastian Schröder (r.) und Dirk Krüger haben die Artikelsammlung im Haus der Jugend Barmen vorgestellt.

Sebastian Schröder (r.) und Dirk Krüger haben die Artikelsammlung im Haus der Jugend Barmen vorgestellt.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Wie nah die Erinnerung an die NS-Zeit lag, darauf machte Dirk Krüger gleich zur Begrüßung aufmerksam. Man befinde sich am Vorabend der Verurteilung und Ermordung von Sophie und Hans Scholl - jenes Geschwisterpaares, das in München mit der Widerstandsbewegung „Weiße Rose“ gegen das NS-Regime Stellung bezogen und dies mit ihrem Leben bezahlt hatte, erklärte Krüger zur Begrüßung der rund 20 Besucher der Lesung, die sich im Foyer des Hauses der Jugend eingefunden hatten. Und das Haus der Jugend liegt ja bekanntlich am Geschwister-Scholl-Platz in Barmen.

Insofern war die Veranstaltung sowohl von der Adresse wie vom Zeitpunkt passend gewählt, wurde an dem Abend doch ein Buch vorgestellt, das sich mit dem Widerstand in Wuppertal gegen die Nazidiktatur befasst. „Nachts, wenn die Gestapo schellte…“, heißt das Buch, das 42 Artikel des Journalisten-Ehepaares Klaus H. und Doris Jann versammelt. Die Artikel erschienen bereits zwischen Januar und März 1968 in der damals noch in Wuppertal ansässigen NRZ (Neue Rhein Zeitung), für die das Paar gearbeitet hatte.

Umfassende Aufarbeitung des Widerstands in Wuppertal

Ein Schwerpunkt befasst sich in mehreren Artikeln mit der Bekennenden Kirche, wie Mitherausgeber Schröder erklärte, der Passagen aus dem Buch vorlas. In der Gemarker Kirche hatte die Bekennende Kirche Ende Mai 1934 ihre Bekenntnissynode begangen und sich gegen die NS-Ideologie und die mit den Nazis kooperierenden Deutschen Christen gewandt.

Andere Artikel schildern, wie Bürger mit Flugblättern den Kampf gegen das NS-Regime führten oder sich mit kleinen Aktionen dem Terrorregime der Nationalsozialisten zu widersetzen suchten. Auch das Treffen der Naturfreunde an der Lingese-Talsperre zu Pfingsten war in 1930er Jahren den NS-Verantwortlichen ein Dorn im Auge.

Dirk Krüger ist gemeinsam mit Sebastian Schröder Herausgeber des 204 Seiten starken Buches, das im vergangenen Jahr im Nord-Park Verlag aufgelegt wurde. Das Ehepaar war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung schon tot. Unterstützt wurde die Publikation von der Kreisvereinigung Wuppertal der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) sowie der Tochter des Paares, der früheren Lebensgefährtin von Klaus H. Jann und einem Fotografen.

Die in dem Buch versammelten Artikel zeigten „die Breite des Widerstandes und seine vielfältigen Formen“, sagte Dirk Krüger. Die in der NRZ erschienenen Artikel seien die damals „umfassendste wissenschaftlich-historische Aufarbeitung zum Widerstand gegen den Faschismus“ in Wuppertal gewesen. Dabei verzichteten die Autoren auf eine „verquaste, wissenschaftliche Sprache“, sondern schilderten die Sachverhalte so, wie sie sich zugetragen hätten. Krüger wünscht sich nun, dass das Buch auch im Geschichtsunterricht zum Einsatz kommt, weil es vorführe, wie Erinnerung an die wohl dunkelste Zeit des deutschen Volkes vermittelt werden könne, wenn die unmittelbaren Zeitzeugen nicht mehr lebten und davon berichten könnten.

Nicht alle Deutschen haben Hitler und dem Regime zugejubelt

Das Ehepaar Jann habe mit seiner Artikelserie deutlich machen wollen, dass nicht alle Deutsche 1933 Hitler und seinem Regime zugejubelt und es unterstützt hätten. Als Anhänger der Kommunisten-Partei verstand sich das Paar zudem als ausgewiesener Gegner der NS-Ideologie.

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